Naturschäden: Versicherung präsentiert Zahlen und Fakten zu den wichtigsten Bedrohungen

Ab etwa Mitte Juni beginnt in der Schweiz jährlich die Saison der Sommerstürme mit Wind, Regen und Hagel. Eine Datenauswertung von Helvetia Schweiz zeigt, wie sich die Schäden durch Naturereignisse zwischen 1990 und 2024 entwickelt haben. Das Fazit: Die Häufung von Unwetterereignissen in den letzten Jahren ist tatsächlich aussergewöhnlich.

Naturschäden haben gemäss einer Auswertung durch die Versicherung Helvetia in den letzten drei Dekaden zugenommen. (Bild: Pixabay.com)

Die Schweiz, mit ihren zahlreichen Gebirgen, Gewässern und ihrer exponierten Lage im Zentrum Europas, ist Naturereignissen stark ausgesetzt. Ausgedehnte und weiterwachsende Siedlungsräume sowie Infrastrukturen – teils in risikobehafteten Lagen – erhöhen das daraus resultierende finanzielle Risiko für Versicherte und Versicherungen.

Häufung von Naturschäden in den letzten 10 Jahren

In der öffentlichen und medialen Wahrnehmung scheinen gerade die letzten Jahre besonders von Unwettern geprägt gewesen zu sein. Ein Blick auf die langfristige Datenreihe zeigt jedoch, dass in regelmässigen Abständen immer wieder schadenintensive Jahre auftreten. Die auffällige Häufung von Elementarereignissen in den Jahren 2021 bis 2024 ist in dieser Ausprägung allerdings aussergewöhnlich. Diese Beobachtung wird durch eine von Helvetia erstellte Statistik gestützt, die auf internen Unwetter- und Schadenmeldungen zu Elementarschäden in der Schweiz basiert. Zwischen 1990 und 2024 wurden sowohl die Häufigkeit der wichtigsten Naturereignisse als auch die jährliche Schadensumme und die Entwicklung der durchschnittlichen Kosten pro Ereigniskategorie erfasst. 

Die Gesamtzahl der Unwetterereignisse blieb – abgesehen von den besonders verlustreichen Jahren 1999 (Sturm Lothar) und 2005 (flächendeckende Hochwasser im Alpenraum) – bis Mitte der 2010er-Jahre weitgehend konstant. In den letzten zehn Jahren (2015–2024) ist dennoch eine deutliche Zunahme sowohl bei der Anzahl der Einzelereignisse als auch bei den Schadenskosten festzustellen. So stieg die Zahl der gemeldeten Schadenfälle im Vergleich zur ersten Dekade (1995–2004) um 126 Prozent. Die finanziellen Aufwendungen für die Schadenbehebung erhöhten sich im selben Zeitraum um 133 Prozent.

Zahl der Elementarschadenereignisse und deren Kosten steigen an

Bei der Betrachtung einzelner Schadensursachen fällt auf, dass die Anzahl der wichtigsten Naturereignisse – etwa Sturm, Hochwasser, Hagel sowie Erdrutsch und Steinschlag – durchwegs zugenommen hat. Am wenigsten deutlich ist der Anstieg bei Hochwassern und Überschwemmungen: Trotz der hohen medialen Präsenz solcher Ereignisse ergibt sich über die letzten zehn Jahre lediglich ein Zuwachs von 26 Prozent. Das Schadensvolumen stieg im selben Zeitraum um 33 Prozent. Hauptgrund dafür ist in erster Linie die Wertsteigerung versicherter Gebäude und Güter. Gleichzeitig zeigen die Investitionen von Bund, Kantonen und lokalen Behörden – seit 2005 mehrere Milliarden Franken im Bereich Hochwasserschutz – Wirkung: Sie haben weitaus grössere Schäden verhindert. Dennoch waren Hochwasser und Überschwemmungen zwischen 2015 und 2024 für rund einen Viertel der entstandenen Schäden in der Schweiz verantwortlich.

Hagel als primärer Kostentreiber

Besonders markant ist die Entwicklung bei Hagelschäden – sowohl bei Einzel- als auch bei Grossereignissen. Die Anzahl gemeldeter Hagelschäden stieg in den letzten zehn Jahren gegenüber dem Referenzzeitraum um 366 Prozent, die Schadenshöhe sogar um 490 Prozent. Mit einem Anteil von über 51 Prozent an allen zwischen 2015 und 2024 durch Helvetia abgegoltenen Schadenleistungen entwickelte sich Hagel zum primären Kostentreiber im Bereich Naturschäden in der Schweiz. Für Patrick Rohner, Leiter Schaden-Center Nicht-Leben bei Helvetia Schweiz, ist diese Entwicklung nicht allein mit häufigeren Hagelereignissen zu erklären: «Neben der gestiegenen Häufigkeit und Intensität der Hagelereignisse ist vor allem die zunehmende Grösse der Hagelkörner für die exponentiell wachsenden Schadensummen verantwortlich.» Ein weiterer Faktor sind laut Rohner die gestiegenen Werte der betroffenen Fahrzeuge und Gebäude sowie die seit rund zehn Jahren anhaltenden baulichen Investitionen – etwa in Solaranlagen.

Auch in den Bereichen Sturm sowie Erdrutsch/Steinschlag/Felssturz haben die Schadenmeldungen im Vergleich der beiden Beobachtungszeiträume zugenommen – um 38 Prozent beziehungsweise 24 Prozent. Bemerkenswert dabei ist, dass in beiden Kategorien die Schadensummen deutlich stärker gestiegen sind als die Ereigniszahlen: Die Schadensumme durch Sturm erhöhte sich um 50 Prozent, im Bereich Erdrutsch/Steinschlag/Felssturz sogar um 72 Prozent.

Ereignis

Anzahl Schadenfälle 1)

Jährliche Schadensumme 1)

Sturm

+  38 Prozent

+  50 Prozent

Erdrutsch/Steinschlag/Felssturz

+  24 Prozent

+  72 Prozent

Hagel

+ 366 Prozent

+ 490 Prozent

Hochwasser

+  26 Prozent

+  33 Prozent

Alle Naturereignisse 2)

+ 126 Prozent

+ 133 Prozent

1) Entwicklung zwischen der Vergleichsperiode 1995 bis 2004 und der Vergleichsperiode 2015 bis 2024.

2) Sturm, Steinschlag/Felssturz, Erdrutsch/Erdsenkung, Schneerutsch, Schneedruck, Lawine, Hochwasser/Überschwemmung, Hagel, Wind.

 

Zusammenhang mit Klimaveränderungen

Laut Adrian Kollegger, Verantwortlicher Nicht-Leben und Mitglied der Geschäftsleitung von Helvetia Schweiz, ist ein Zusammenhang zwischen Schadenentwicklung und Klimaveränderungen offensichtlich: «Wir erwarten, dass die Schadensummen infolge des Klimawandels künftig weiter ansteigen werden. Die anhaltende Erwärmung führt nicht nur zu häufigeren und intensiveren Stürmen; vor allem das Abschmelzen des Permafrosts im Alpenraum verändert die Bedrohungslage grundlegend. Statt klassischer Hochwasserereignisse treten dadurch zunehmend Oberflächenereignisse wie Erdrutsche, Murgänge, Felsstürze und Steinschläge auf.»

Die zunehmende Urbanisierung, der Ausbau von Infrastrukturen sowie die Erschliessung neuer Flächen werden die Risiken in den kommenden Jahren weiter erhöhen – sowohl in der Schweiz als auch weltweit.

Schadensmodellierung muss sich weiterentwickeln

Bisher ist es der Versicherungswirtschaft gelungen, durch fundierte Modellierungen künftige Entwicklungen zu antizipieren und die Prämien innerhalb des von der FINMA vorgegebenen regulatorischen Rahmens (ES_AVO) entsprechend zu steuern. Modelle für Elementarschäden sind fortlaufend optimierte Werkzeuge, mit denen sich potenzielle Schäden quantifizieren lassen. Sie kombinieren historische Daten zu Naturgefahren mit Informationen über die Exponierung und Verwundbarkeit von Menschen, Gebäuden, Infrastrukturen und anderen Vermögenswerten, um die Auswirkungen möglicher Schadensereignisse und Katastrophen zu bewerten.

Zur Gestaltung eines nachhaltigen Versicherungsschutzes für Extremereignisse reicht der ausschliessliche Rückgriff auf historische Daten jedoch nicht mehr aus. Vorausschauende Modelle, der Einsatz künstlicher Intelligenz sowie der weltweite Wissensaustausch zwischen Erst- und Rückversicherern gewinnen für diese anspruchsvolle Aufgabe zunehmend an Bedeutung. 

Künftige Bedrohungsszenarien müssen noch stärker in die Risikomodellierung einfliessen, um insbesondere im nicht regulierten Bereich von Elementarschäden risikogerechte und damit für Versicherer sowie Kundinnen und Kunden nachhaltige Prämien sicherzustellen. Darüber hinaus werden Versicherte, Versicherer und der Staat künftig noch stärker in Prävention und Beratung investieren müssen. Eine zentrale Rolle kommt dabei weiterhin der persönlichen Betreuung und Beratung durch die lokalen Geschäftsstellen zu. Diese kennen das Schadenspotenzial ihrer jeweiligen Region am besten und stehen im Schadenfall rasch zur Verfügung – etwa mit fundierter Schadenanalyse, der Bereitstellung von Hagel-Drive-Ins oder unbürokratischer Soforthilfe.

Quelle: Helvetia

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