Digitaler Stillstand in der Immobilienwirtschaft – trotz KI und Investitionen

Im letzten Jahr hat sich die Diskussion rund um die digitale Transformation in der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft um die künstliche Intelligenz erweitert. Doch die neuste Ausgabe der Digital Real Estate Umfrage zeigt, dass die Branche deren Potenzial bisher nicht gewinnbringend ausschöpfen kann. Der digitale Reifegrad stagniert zum ersten Mal seit vier Jahren.

Digitaler Stillstand in der Immobilienwirtschaft trotz der Integration künstlicher Intelligenz. (Bild: www.depositphotos.com)

In der Digital Real Estate Umfrage 2024 wurde der Digital Real Estate Index bereits zum sechsten Mal berechnet. Der Index misst, in welchem Ausmass sich Immobilienunternehmen mit der Digitalisierung auseinandersetzen und wie weit sie bereits Massnahmen ergriffen und umgesetzt haben. Basis für die Berechnung bilden 25 Indikatoren in fünf Clustern und 12 Technologien. Auf einer Skala von 1 bis 10 wird die aktuelle Digitalisierungsreife mit 4,6 beurteilt, was über den gesamten Markt erstmals seit 2020 einen Rückgang von 0,1 Punkten zum Vorjahr bedeutet. Der Schweizer Index verzeichnet dabei keine Veränderung gegenüber dem Vorjahr. 

Während Planer und Bauunternehmerinnen dank Building Information Modeling (BIM) Fortschritte verzeichneten, blieb der Index für Eigentümerinnen und Investoren unverändert. Auffallend ist die rückläufige Bewertung des digitalen Reifegrads von Bewirtschafterinnen und Facility-Management-Dienstleistenden im Vergleich zum Vorjahr. 

Investitionen in Digitalisierung leicht rückläufig 

Der digitale Stillstand wirft insbesondere vor der finanziellen Betrachtung Fragen auf: Eine beträchtliche Mehrheit von rund zwei Dritteln der befragten Unternehmen investiert mehr als ein Prozent ihres Umsatzes in Innovation und Digitalisierung, wobei jedes fünfte Unternehmen sogar über fünf Prozent in diese Bereiche investiert. Bei grossen Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden sind die Investitionen – wie schon im Vorjahr – jedoch weiter rückläufig. Ebenso zeigen kleine Unternehmen keine stärkere Tendenz zu Investitionen im Vergleich zu mittleren und grossen Unternehmen. Etwa 39 Prozent der Unternehmen mit bis zu 49 Mitarbeitenden verwenden rund ein Prozent oder weniger ihres Umsatzes für Innovation und Digitalisierung.

Die in der letzten Studie geäusserten Bedenken, dass Zinswende, Lieferkettenprobleme und ein schwieriges Marktumfeld die digitale Transformation zumindest teilweise bremsen könnten, scheinen sich bewahrheitet zu haben. Dem gegenüber erweist sich das Thema Nachhaltigkeit und die entsprechenden regulatorischen Vorgaben als grosser Treiber der Digitalisierung. Studienleiter Dr. Joachim Baldegger erklärt: «Das zeigt sich insbesondere bei Immobilieneigentümerinnen und Investoren. In den bisherigen Untersuchungen hinkten sie den übrigen Akteur:innen bezüglich digitalen Reifegrads immer leicht hinterher. Diese Lücke wurde über die letzten beiden Jahre geschlossen. Erstmals haben sie die anderen Rollen in der digitalen Reife eingeholt bzw. teilweise sogar überholt.» 

KI auf dem Gipfel der überzogenen Erwartungen 

Die Analyse relevanter digitaler Technologien in der Branche bestätigt die erlahmende digitale Maturität. Die einzige bemerkenswerte Veränderung betrifft künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, die im vergangenen Jahr auf dem Hype-Zyklus von Gartner in den Bereich der überzogenen Erwartungen zurückgestuft wurden. «Es scheint, dass nur wenige der Befragten bereits konkrete Anwendungsfälle für diese Technologie erkennen», erklärt Dr. Joachim Baldegger. «So bestätigt nur ein geringfügig höherer Anteil der Befragten (32 Prozent), dass diese Technologie entweder im Aufbau oder bereits im Einsatz ist. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Anstieg von nur 2 Prozent. Immerhin ist der Anteil der Unternehmen, die den Einsatz von KI planen, von um vier Prozentpunkte auf 26 Prozent gestiegen.» 

Dem gegenüber etabliert sich Building Information Modeling (BIM) weiter in der Branche und wird über fast alle Rollen immer wichtiger. Zwei Fünftel der Befragten nutzen BIM und bei einem Fünftel (21 Prozent) befindet sich diese Technologie (und Methodik) im Aufbau. Es zeichnet sich ab, dass BIM je länger, je mehr auch für die Betriebsphase zum Thema wird. Die Bedeutung von BIM als Grundlage für ein durchgängiges Datenmodell des Gebäudes (Digital Twin) scheint sich im Markt langsam, aber sicher durchzusetzen.

Smart Buildings weiter im Trend 

BIM ebnet auch den Weg für die verstärkte Nutzung intelligenter Gebäudetechnologien und die Realisierung von Smart Buildings. Noch sind intelligente Gebäude zwar eine Rarität: Nur zehn Prozent der Befragten geben an, dass ihre eigenen Immobilien bereits in der Lage sind, die digitale und analoge Welt in einer zentralen Datenplattform zu vernetzen. Trotzdem tut sich in diesem Bereich einiges: So werden Daten kaum noch manuell abgelesen und ausgewertet. Lediglich 16 Prozent der Befragten verfügen über keinerlei digitale Messinstrumente.  

Dabei spielt die Ressourcenschonung die wichtigste Rolle. 91 Prozent der Befragten bestätigen deren hohe bis sehr hohe Bedeutung und nahezu 100 Prozent erklären, dass sie die Verbrauchsdaten bei ihren Gebäuden messen. Die Nase vorn haben dabei Gewerbe- und Spezialliegenschaften. Sie messen und werten Daten in viel grösserem Umfang aus als in anderen Objektkategorien. Weitere Vorteile eines Smart Buildings wie z.B. Steigerung von Nutzererlebnis, Komfort und Wellbeing bleiben für die Umfrageteilnehmenden vorerst zweitrangig. 

Quelle: www.pom.ch

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