DIN EN ISO 50001

Die Einführung eines Energiemanagementsystems nach DIN EN ISO 50001 steht bei vielen Unternehmen aufgrund steigender Energiepreise und steuerlicher Entlastungsmöglichkeiten im Fokus ihrer energiepolitischen Planungen. Welche Erfahrungen zeigen sich bei der praktischen Umsetzung der Normanforderungen? Wo liegen die Lösungsansätze?

DIN EN ISO 50001

 

 

 

 

E nergiemanagementsysteme (Grafik 1) haben sich in der Praxis als ein hervorragendes Instrument zur systematischen Optimierung der energiebezogenen Leistung eines Unternehmens bewährt. Sie liefern damit einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Energiekosten und stärken die nachhaltige Unternehmensentwicklung.

 

Vor dem Hintergrund der theoretischen Normvorgaben zeigten sich unterschiedliche Interpretationsansätze bei der Umsetzung in die betriebliche Praxis.

Energieplanung

 

Die Grundlage für den Aufbau eines Energiemanagementsystems ist die systematische Erfassung und Analyse der Energieströme. Bei der Datenaufnahme bereiten häufig unzureichende Erfassungsstrukturen der vorhandenen Messsysteme Probleme, da begleitende Abschätzungen, Hoch

 

ISO 50001 stärkt Nachhaltigkeit

 

Hochrechnungen und punktuelle Messungen oft nicht die erforderliche Datentiefe für zuverlässige und detaillierte Schlussfolgerungen im Rahmen der energetischen Bewertung erreichen. Ergänzende Messeinrichtungen erfordern zwar einen zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand, sind jedoch in Abhängigkeit von der Messstellenstruktur für eine fundierte Datenanalyse mit Blick auf die Ableitung von wesentlichen Einsparpotenzialen oft unverzichtbar.

 

Bei der energetischen Bewertung werden der Energieeinsatz, der Energieverbrauch und das korrespondierende Energieeinsparpotenzial, das die optimierte Energienutzung der Anlagen und Einrichtungen widerspiegelt, herangezogen. Hierbei sollten so weit als möglich quantitative bzw. messbare Kriterien genutzt werden. Eine fundierte und aussagefähige Bewertung erfordert gegebenenfalls ergänzende Messungen.

 

Die Ergebnisse der energetischen Bewertung und der ermittelten

 

Einsparungen sind Grundlage für Energieziele

 

Energieeinsparpotenziale werden priorisiert. In der Praxis wird bei der Priorisierung häufig nur die Einflussgrösse des Energieverbrauchs berücksichtigt. Diese Betrachtung ist zu unpräzise und unterstellt, dass ein hoher Energieverbrauch zwangsläufig auch ein hohes Einsparpotenzial aufweist.

 

Diese Korrelation kann nicht allgemein abgeleitet werden und erfordert eine differenziertere Betrachtungsweise (Grafik 2). Als Ergebnis dieser Analyse wird der Schwerpunkt der Bereiche mit relevantem Einsparpotenzial deutlich. Aus der Priorisierung von Einsparpotenzialen werden quantitative operative Energieziele abgeleitet, die im Aktionsplan dokumentiert werden.

Baseline nicht in Stein gemeisselt

 

Bei der Quantifizierung der Energieziele werden Energieleistungskennzahlen (EnPIs) definiert, die auf die energetischen Ausgangsbasis (Baseline) abgestimmt sind. Die energetische Ausgangsbasis ist dabei nicht als grundlegend feste Grösse zu verstehen, sondern ist gegebenenfalls, insbesondere nach wesentlichen Änderungen der Anlage, erneut zu prüfen und, soweit erforderlich, anzupassen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Organisationsstruktur der Energieverteilung gleichzeitig mehrere Ausgangsbasen in Verbindung mit zu definierenden Kennzahlen sich durchaus als sinnvoll erweisen können.

 

In der Regel sollten die EnPIs als relative Kennzahlen definiert werden, um eine grösstmögliche Vergleichbarkeit der energiebezogenen Leistung sicherzustellen (z.B. kWh/Produktionseinheit).

 

Besondere Herausforderungen bei der Definition von EnPIs ergaben sich vor allem bei Unternehmen, die aufgrund unzureichender Datenlage keine sinnvolle energetische Ausgangsbasis bestimmen konnten, sowie bei Unternehmen, die aufgrund der Unternehmensstruktur keinen eindeutigen Produktionsbezug der energierelevanten Grössen ableiten konnten.

 

Weitere Unschärfen ergeben sich bei wechselnden, nicht beeinflussbaren Effekten wie zum Beispiel dem Witterungseinfluss. In der Praxis zeigte sich, dass diese Ausseneinflüsse in Abhängigkeit von der Zieldefinition auch unter Berücksichtigung von Hilfsdaten (etwa Heizgradtage) zur Korrektur der wechselnden Witterungsverhältnisse nicht immer eine eindeutige Aussage zum Umsetzungsgrad der festgelegten Ziele zuliessen.

Rechtskonformität

 

Analog zu bestehenden Umweltund Arbeitsschutzmanagementsystemen fordert die ISO 50001 eine Ermittlung der einschlägigen rechtlichen und anderen relevanten Vorschriften sowie eine Bewertung der Einhaltung dieser Anforderungen.

 

Bei bestehenden Umwelt- und Arbeitsschutzmanagementsystemen ist der erforderliche zusätzliche Aufwand bei einer Systemerweiterung vergleichsweise gering. Die vorhandenen Strukturen, Prozesse und Tools (Online-Datenbanken, Rechtsverzeichnisse etc.) können vollständig genutzt werden. Es müssen lediglich die energierechtlichen Vorschriften ergänzt werden.

Einführung und Umsetzung

 

Bei den Unternehmen sind sowohl integrierte als auch eigenständige Energiemanagementhandbücher verbreitet. Beide Va 

 

Integration problemlos möglich

 

Varianten haben sich bewährt. Da auch die Struktur der ISO 50001 im Wesentlichen auf den Hauptelementen der ISO 14001 und ISO 9001 basiert, ist eine Integration insbesondere in ein Umweltmanagementsystem problemlos möglich. Für die Integration sprechen vor allem die Praktikabilität, die Nutzung von Synergien und die verbesserte Akzeptanz im Unternehmen.

 

Zusätzlich zu den in bestehenden Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen bereits vorhandenen Prozessen sind insbesondere die folgenden spezifischen Verfahren erforderlich:

 

  • Energieplanung (u.a. energetische Bewertung, Baseline, Aktionspläne etc.)
  • Energiecontrolling
  • Beschaffung von energierelevanten Anlagen, Produkten, Einrichtungen und Energiedienstleistungen 
  • Beschaffung von Energie

 

Darüber hinaus besteht in weiteren Prozessen, die in bereits vorhandenen Managementsystemen implementiert sind, Ergänzungsbedarf in Bezug auf die Umsetzung der Forderungen der ISO 50001.

Breit abgestützt

 

Für die Aufrechterhaltung, Umsetzung und Überwachung des Energiemanagementsystems ist die Benennung eines oder mehrerer Beauftragten des Managements erforderlich. Bei grösseren und komplexen Unternehmen werden häufig neben dem Energiemanagementbeauftragten (Vertreter des Managements) weitere Energiebeauftragte auf Abteilungsebene benannt, die den Energiemanagementbeauftragten als Teil eines Energiemanagementteams im Rahmen von festgelegten Aufgabenbereichen unterstützen.

 

Dabei haben sich insbesondere Vertreter aus den Bereichen Produktion und Instandhaltung/Facilitymanagement als Mitglieder des obligatorischen Energiemanagementteams bewährt. Im erweiterten Kreis des Energiemanagement- Teams sollten auch Vertreter aus den Bereichen Beschaffung, Entwicklung und Logistik berücksichtigt werden.

Interne Kommunikation ist wichtige Säule

 

Die ISO 50001 stellt über die Unterweisung von Fremdfirmen im Rahmen ihrer energierelevanten 

 

Beschaffung, Entwicklung, Logistik mit einbeziehen

 

Tätigkeiten am Standort hinaus keine weiteren zusätzlichen Anforderungen an die externe Kommunikation. Dennoch zeigen die Erfahrungen aus der Zertifizierungspraxis, dass für bestimmte Branchen (zum Beispiel Messund Regeltechnik) die Einführung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001 und eine entsprechende Aussendarstellung durchaus einen entscheidenden Beitrag und damit einen Mehrwert im Rahmen der Imagepflege und des Marketings des Unternehmens darstellen.

 

Die interne Kommunikation insbesondere zum verantwortungsbewussten Umgang mit Energie ist neben den technischen Energieeffizienzmassnahmen eine weitere wichtige Säule zur Umsetzung eines nachhaltigen Energiemanagementsystems, das von allen Mitarbeitern eines Unternehmens getragen werden muss. Ein häufig sorgloser Umgang mit Energie wird von vielen Unternehmen zu Recht beklagt und es sollte durch entsprechende Schulungen und Bewusstseinsbildung zu einer Senkung der Energieverbräuche im Unternehmen beitragen werden. Die Forderung der ISO 50001 zur Einführung eines Prozesses für VerbesserungsmassKombiauditsnahmen zum Energiemanagementsystem soll das Engagement der Mitarbeiter zur Energieeinsparung unterstützen. Erfahrungen im Rahmen des ersten Zertifizierungszyklus zeigten bereits erste positive Entwicklungen.

Kombiaudits sind sinnvoll

 

Bei der Durchführung von integrierten internen und externen Systemaudits haben sich aufgrund der weitreichenden Synergien Kombiaudits nach ISO 14001 und ISO 50001 am besten bewährt. Eine zusätzliche Einbindung eines QM-Audits nach ISO 9001 ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch in der Praxis einen erhöhten Organisations- und Abstimmungsaufwand zur Abdeckung aller erforderlichen Normelemente.

Fazit

 

Bei einer Vielzahl von Unternehmen, die ein Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50001 eingeführt haben, liessen sich schon nach kurzer Zeit signifikante Verbesserungen der energiebezogenen Leistung und damit Kosteneinsparungen erzielen. Durch die obligatorische Einbindung des Topmanagements ist eine nachhaltige Förderung der effizienten Energienutzung im Unternehmen gewährleistet. Nicht zu unterschätzen sind weiterhin der Imagezuwachs des Unternehmens sowie die Bewusstseinsbildung der Mitarbeiter zum verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Die ISO 50001 sollte nicht nur als abstraktes Regelwerk zum Aufbau eines Energiemanagementsystems betrachtet werden, sondern darüber hinaus als wirksames Instrument zur nachhaltigen Steigerung der Energieeffizienz im Unternehmen interpretiert und genutzt werden.

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