Ethik im Risikomanagement Fachveranstaltung

Ethik im Risikomanagement“ lautete der Titel der 40. Fachveranstaltung des Netzwerks Risikomanagement, die gemeinsam mit SwissFea (Swiss Financial Experts Association) durchgeführt wurde. Am Jubiläumsevent ging es auch um den Umgang mit "Werten".

 

Compliance-Systeme, so ist sich das Netzwerk Risikomanagement einig, können positive oder negative Effekte auf unser Verhalten auslösen. (Symbolbild: Unsplash)

„Ethik im Risikomanagement“ lautete der Titel der 40. Fachveranstaltung des Netzwerks Risikomanagement, die gemeinsam mit SwissFea (Swiss Financial Experts Association) durchgeführt wurde und am 22. November an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich über die Bühne ging. Gut 50 Teilnehmende folgten zwei spannenden Referaten, die sich mit ganz unterschiedlichem Ansatz der Frage annahmen, inwiefern ethische Konflikte Firmenrisiken bergen und welche Schlüsse daraus mit Blick auf einen bewussteren Umgang mit „Werten“ ziehen können.

Als Einstieg in das erste Referat dient der Fall des Shell-Konzerns, der 1995 im Einvernehmen mit der zuständigen britischen Behördenkommission entschied, seinen ausgedienten Offshore-Tank Brent Spar in der Nordsee zu versenken. Ausschlaggebend waren dabei Kosten und Legalität. Dass „legal“ aber nicht auch „legitim“ bedeutet, zeigte sich, als Teile der Zivilgesellschaft dieses Vorgehen als ökologisch rücksichtslos taxierten und Boykottaufrufe wachsenden Zuspruch fanden. Shell hatte den Wertekonflikt mit der Öffentlichkeit zu spät erkannt und musste, um weiteren Imageschaden abzuwenden, die Tankanlage schliesslich an Land entsorgen.

Olivier Gut, Managing Partner und Mitbegründer des Start-Ups Absolutum AG, hält fest, dass unterschiedliche ethische Auffassungen als Wertekonflikte zu begreifen sind, die sich zwischen einer Unternehmung und ihrem gesellschaftlichen Umfeld, aber auch innerhalb der Unternehmung selbst manifestieren können. Sie bergen Reputations- und Compliance-Risiken, die oft nur schwer zu erkennen sind. Hier setzt das Strategieinstrument ASER an (Assessment System for Ethical Risk): Es ermöglicht der Unternehmensführung, potentielle Wertekonflikte zu erkennen und gezielt zu steuern. Entwickelt in Kooperation mit Innosuisse, der Uni Basel sowie der KPT als Pilotpartner, werden mithilfe einer ausgeklügelten Methodik drei Werteprofile ermittelt:

1. Strategisch: wofür stehen wir?

2. Operativ: wie handeln wir?

3. Gesellschaftlich: was erwartet das gesellschaftliche Umfeld?

Unterschiede zwischen den Profilen geben Hinweise auf firmenspezifis

che Spannungsfelder und ermöglichen eine systematische Auseinandersetzung mit den Wertrisiken, die daraus hervorgehen. Das Instrument erweitert somit den Risikomanagementprozess (Identifikation), es unterstützt aber auch das Wertemanagement in anderen Anwendungsgebieten (z.B. in der Personalgewinnung oder der Organisations- und Strategieentwicklung). Dass solche neue Managementhilfen bisweilen auf Skepsis in der Unternehmensführung stossen, erstaunt wenig. Andreas Luginbühl, Leiter Assurance Funktion und Direktionsmitglied der Krankenkasse KPT, schildert anhand von vielfältigen Beispielen eindrücklich die Entwicklung und Einführung von ASER bei der KPT – vom akademisch-abstrakten Konzept über einen experimentellen Prototypen bis zum praktikablen Werkzeug, das im VR-Strategieprozess 2017 erstmals eingesetzt wurde.

Ethik und Compliance?

Aus deutlich anderem, grundsätzlichem und ganzheitlichem Blickwinkel analysierte Rudolf X. Ruter, selbständiger Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater (Corporate Governance, Nachhaltigkeit, Steuern), im zweiten Referat den Bezug von Ethik, Unternehmensrisiken und Wertemanagement. Im Zentrum einer erfolgreichen Unternehmensführung steht aus seiner Sicht nicht ausgefeilte Managementtechnik, sondern die Führungsperson selbst. Der persönliche Wertekompass, verankert im eigenen Gewissen, hält diese auf Kurs und bildet das Fundament jeder nachhaltigen Leadership: „Mit zwei Gramm Persönlichkeit wiegen Sie Tausend Gramm Fachwissen auf“, sagt Ruter.

Aus diesem Grund können Compliance-Systeme Fehlverhalten nur unzulänglich verhindern, solange sie nicht von einem positiven Wertekodex der Führungsspitze getragen werden. In diesem Sinn erfordert ein effektives Wertemanagement an erster Stelle, dass die Leitwerte eines Unternehmens ausgehend vom Verwaltungsrat als Garanten auf die verschiedenen Führungsstufen und -aufgaben heruntergebrochen werden. Als Referenz eines solchen Wertekodexes nimmt Ruter Mass bei den Kerntugenden einer ehrbaren Führungskraft, die sich – gleichsam als Merkhilfe – buchstabiert mit Ehrlichkeit, Haltung, Rückgrat, Besonnenheit, Achtung und Respekt. Oder in Englisch: „Leadership is doing what is right when no one is watching”.

Sind diese beiden Ansätze nun kontrovers, komplementär oder gar nicht vergleichbar? Stets für reichlich Diskussionsstoff sorgt jedenfalls das Netzwerk Risikomanagement

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