Know-how für erfolgreiche Produktentwicklung

Die richtigen Features für neue und bestehende Produkte so schnell wie möglich und mit guter Qualität auf den Markt zu bringen ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Dabei unterstützen Business-Analysten bzw. Requirements Engineers die Arbeit von Produktmanagern. Doch was muss man in diesem Bereich wissen, um erfolgreich Produkte entwickeln zu können?

IREB (International Requirements Engineering Board) und IIBA (International Institute for Business Analysis) haben beide weit verbreitete Good Practices zu Requirements Engineering und Business-Analyse herausgebracht, auf deren Basis Schulungen und Zertifizierungen durchgeführt werden. Nun stellt sich die Frage, welcher Ansatz für welche Situation besser geeignet ist.

Der BABOK Guide

Ziel des IIBA ist es, Business-Analyse zu fördern. Dazu hat es den Leitfaden zum Business Analysis Body of Knowledge®, kurz BABOK Guide® herausgebracht. Der BABOK Guide beschreibt ein Framework für die Aufgaben in der Business-Analyse und versucht damit, einen Standard zu setzen. Er dient als Grundlage für sechs Zertifizierungen:

  • ECBA (Entry Certificate in Business Analysis)
  • CCBA (Certification of Capability in Business Analysis)
  • CBAP (Certified Business Analysis Professional)
  • AAC (Agile Analysis Certification)
  • CCA (Certificate in Cybersecurity)
  • CDBA (Certificate in Business Data Analytics) Die ersten drei Zertifizierungen sind für Einsteiger, Fortgeschrittene (2–3 Jahre Erfahrung) und Experten (ca. 5 Jahre Erfahrung in Business-Analyse).

Die Zertifizierung in Agile baut auf der Agile Extension des BABOK Guide auf. Die letzten beiden sind Spezialzertifizierungen. Für die Vorbereitungen zu den Zertifizierungen ist teilweise sehr grosser Aufwand nötig. IIBA teilt im BABOK Guide die Business-Analyse in sechs Wissensgebiete ein, die verschiedene Aufgabe beinhalten.

Für jede Aufgabe (z.B. Durchführung der Erhebung) beschreibt der BABOK Guide den Input (z.B. die Planung der Erhebung), mögliche Techniken (z.B. Brainstorming, Workshops), involvierte Stakeholder (z.B. Kunde, Experten) sowie das Resultat (z.B. das dokumentierte Ergebnis der Erhebung).

Die Techniken beschreibt der BABOK Guide ausführlich in einem eigenen Kapitel inklusive der Punkte, die man bei der Anwendung beachten sollte. Des Weiteren erklärt er die Kompetenzen, die ein Business-Analyst mitbringen sollte.

Die Aufgaben und Techniken sind sehr formal und prozesslastig beschrieben. Insgesamt bietet der BABOK Guide eine sehr umfangreiche Beschreibung davon, wie Business- Analysten arbeiten können – allerdings eher auf einer theoretischen Ebene, was aber auch üblich für einen (Quasi-)Standard ist. Er ist also eher für erfahrene Requirements Engineers und Business-Analysten geeignet als für Anfänger.

Certified Professional for Requirements Engineering

Das IREB (International Requirements Engineering Board) gibt den Lehrplan für CPRE (Certified Professional for Requirements Engineering) heraus. Es gibt aktuell einen allgemeinen Grundlagenkurs (Foundation Level), einen Einführungskurs in agiles Requirements Engineering (RE@Agile Primer) und vier Advanced- Level-Kurse: Anforderungserhebung (Elicitation), Modellierung, Anforderungsmanagement und agiles Requirements Engineering (RE@Agile). Während der Foundation Level und der Primer einen guten Überblick über die Themen des (agilen) Requirements Engineering geben und geeignet sind, ein gemeinsames Verständnis zu vermitteln, gehen die Module des Advanced Levels detaillierter auf einzelne Themen ein. Die Advanced Levels setzen mehrjährige Berufserfahrung in der Thematik voraus.

Im Foundation Level, zu dem es auch das Buch «Basiswissen Requirements Engineering » gibt, wird der komplette Anforderungslebenszyklus behandelt, von der Abgrenzung des Scopes bis zu Anforderungen ermitteln, dokumentieren, prüfen, abstimmen und verwalten. Der Foundation Level ist auf die tägliche Arbeit des Requirements Engineer ausgerichtet. Allerdings werden die Themen nicht in der Tiefe behandelt. Dafür gibt es dann die Advanced-Module, für die ein Foundation-Level-Zertifikat Voraussetzung ist.

  • Elicitation: Hier stehen Anforderungsquellen sowie die Erhebungs- und Konfliktlösungstechniken im Vordergrund.
  • Requirements Modelling: In diesem Kurs wird die Modellierungen von Anforderungen vertieft.
  • Requirements Management: Mit Themen wie Priorisierung, Versionierung, Reporting oder Verfolgbarkeit von Anforderungen.
  • RE@Agile: Besonderheiten des Requirements Engineering im agilen Projektumfeld inklusive Backlog-Management und agile Skalierung.

Für das Bestehen der Prüfung im Foundation Level des CPRE reicht es aus, wenn man schon etwas Erfahrung mit Requirements Engineering hat, nach Bedarf eine Schulung besucht und im offiziellen Begleitbuch die Themen, die man noch nicht so gut kennt, vertieft. Der Vorteil der Schulungen liegt klar in der Möglichkeit zum Austausch zwischen den Kursteilnehmenden und der Illustration durch konkrete Alltagsbeispiele. Bei den Advanced Levels ist mehr Erfahrung und Aufwand nötig, da man noch eine Hausarbeit im Anschluss an die bestandene Prüfung schreiben muss. Insgesamt muss man inklusive Schulung ca. sieben Tage Aufwand einplanen.

Know-how-Aufbau à la carte

Wie sollte man nun das jeweils benötigte Wissen aufbauen? Für Einsteiger in die Themen Business Analysis und Requirements Engineering empfiehlt sich der CPRE Foundation Level. Dies gilt auch für andere an Anforderungen interessierte Personen wie Projektleiter, Tester oder Product Owner. Für diese Zielgruppen ist, wenn sie im agilen Umfeld arbeiten, auch der RE@Agile Primer sinnvoll.

Der CPRE Advanced Level Elicitation eignet sich für alle, die ihr Wissen in der Erhebung von Anforderungen und im Konfliktmanagement vertiefen möchten. Für Mitarbeiter, die stark in der Verwaltung von Anforderungen involviert sind, ist Requirements Management sehr nützlich.

Wenn man stark in die Modellierung von Prozessen, Anforderungen oder Systemen involviert ist, stellt sich dagegen die Frage, ob man anstatt des Advanced Levels Requirements Modeling nicht lieber gleich eine Spezialzertifizierung anstrebt.

Wer als Product Owner oder agiler Business- Analyst arbeitet, für den ist sicherlich der Advanced Level RE@Agile interessant. Zusätzlich kann man einen Blick in die «Agile Extension to the BABOK Guide» werfen. Hier gibt es aber auch praxisnähere Literatur.

Wenn es darum geht, als Verantwortlicher für Requirements Engineering oder Business-Analyse Prozesse und Methoden einzuführen oder zu verbessern, bildet der BABOK Guide eine ideale Grundlage. Bei der Implementierung können dann die Prozesse an die eigenen Bedürfnisse angepasst und einige weggelassen werden.

Wir sehen aber, im Gegensatz zu CPRESchulungen und -Zertifizierungen, wenig Bedarf an Schulungen oder Zertifizierungen des IIBA, da der Aufwand sehr gross ist und die Nachfrage im deutschsprachigen Raum gering ist. Für einen Manager im Bereich Business- Analyse, einen internen Prozessspezialisten in einer grösseren Firma oder einen sehr erfahrenen Requirements Engineer, der noch tiefer einsteigen möchte, kann eine solche Schulung bzw. Zertifizierung jedoch sehr wohl sinnvoll sein.

Zusammenfassung

Gute, qualitativ hochwertige Anforderungen sind entscheidend für erfolgreiche Produkte. Die richtige Anwendung, Methoden und Techniken im Requirements Engineering und der Business-Analyse sind der Schlüssel dazu. Diese können unter anderem in Schulungen erworben werden. Und das entsprechende Zertifikat zeigt, dass sich der Zertifizierte intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Hier sind die CPRE-Zertifizierungen sehr zu empfehlen.

 

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