KPMG Bankenstudie: Schweizer Bankenplatz stabil

Wie die diesjährige Bankenstudie von KPMG und der Universität St. Gallen (HSG) zeigt, konnten die Institute im ersten Halbjahr 2020 starke finanzielle Ergebnisse aufzeigen – trotz Coronakrise. Gleichwohl zeigen längerfristige Vergleichswerte eine merkliche Tendenz zum «Bankensterben» hin. U. a. kämpft der Schweizer Bankensektor mit fallenden Margen und hohen Personalkosten.

Die KPMG Bankenstudie «Clarity on Performance of Swiss Private Banks», welche die KPMG zusammen mit der Universität St. Gallen (HSG) ausführt, liefert interessante Einsichten in den Schweizer Bankenplatz. Dabei wurden insgesamt 84 in der Schweiz tätige Privatbanken untersucht und beurteilt. Zum ersten Mal ging es den Studienleitern Philipp Rickert und Christian Hintermann nicht nur darum, die  Performance der Banken auszuweisen, sie beschäftigten sich auch mit der Effizienz der Arbeitnehmenden während des Corona-Lockdowns und weiteren interessanten Branchentrends.

Vorläufige Beruhigung der Konsolidierungswelle

Nach 19 Transaktionen im Jahr 2018 ging die M&A-Aktivität stark zurück, mit nur neun Transaktionen 2019 und fünf in den ersten sieben Monaten des Jahres 2020. Die Anzahl der Privatbanken ist im vergangenen Jahr von 106 auf 101 und im ersten Halbjahr 2020 um ein weiteres Institut auf 100 gesunken. Seit 2010 hat sich die Anzahl Privatbanken um substanzielle 39 Prozent verringert. Im Juli 2020 wurden ausserdem zwei weitere Transaktionen angekündigt, weshalb die Zahl der Privatbanken bis zum Jahresende unter 100 fallen dürfte.

Ein erstes Fazit der Studie: «Der hohe Margendruck auf die Kommissionseinnahmen wird nämlich anhalten, die Zinssätze dürften noch viel länger tief bleiben und die konsequente und wirksame Digitalisierung des Geschäftsmodells wird gerade für kleinere Banken zunehmend zur unlösbaren Aufgabe. Die wahren Auswirkungen der Coronakrise werden erst ab 2021 sichtbar werden, da in den kommenden Monaten einerseits noch verspätete Transaktionen zu Buche schlagen werden. Andererseits werden die rezessiven Auswirkungen wichtiger Märkte erst sukzessive voll durchschlagen, wenn staatliche Hilfspakete auslaufen.»

Grössere strukturelle Hürden bleiben

Der Bankenbaromter von 2020 ist noch nicht publiziert worden, doch schrumpfte im vergangenen Jahr die Anzahl der Finanzhäuser um weitere 5 Institute auf total 261 Banken, wie es das jährliche  Bankenbarometers der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) ermittelt hat. 226 hätten  im vergangenen Geschäftsjahr schwarze Zahlen geschrieben, die restlichen 35 Finanzinstitute mussten einen Verlust verkraften. Laut der KPMG Bankenstudie fiel zum Beispiel der Reingewinn der kleinen und mittleren Banken auf den niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre.

Dafür fällt die «Deal»-Aktivität im Jahr 2020 auf das gleich niedrige Niveau des Vorjahres (2019). Allerdings erwarten die Studienleiter eine Zunahme der Fusionsaktivitäten in den kommenden zwölf Monaten.

Trotzdem bleiben grössere Hürden bestehen. Die Kosten in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung machen einigen Finanzinsituten zu schaffen. Die Globalisierung und angehende Regulation des Bankenwesens und der gleichzeitige Digitalisierungschub dürften die sonst schon geringen Margen bei den klassischen Kommissionsgeschäften in naher Zukunft nicht ausgleichen.

Die Personalkosten der Banken sind hingegen aufs höchste historische Niveau gestiegen. Beispielsweise verzeichneten 75 Prozent der Banken, die ihr Kosten-Einkommens-Verhältnis verbesserten, einen Anstieg der Personalkosten.

M&A-Deals in den vergangenen zehn Jahren (Quelle: KPMG):

 

Starke Zunahme der verwalteten Vermögen

Im Jahr 2019 liessen eine Performance von 10 Prozent und ein Nettoneugeldwachstum von 3 Prozent die verwalteten Vermögen um 14% in die Höhe schnellen. Das ist ein bemerkenswerter Anstieg des Nettoneugeldes und ein äusserst ermutigendes Zeichen für die Privatbanken-Branche, insbesondere für die zwei Drittel der Banken, die positive Nettoneugelder verzeichneten. Die Analyse zeigt aber auch, dass das Wachstum aus M&A-Aktivitäten aufgrund eines anhaltenden Mangels an grossen Übernahmen gering geblieben ist.

Erstmals wurde die Performance der Schweizer Privatbanken über fünf Jahre (2015 bis 2019) hinweg analysiert, mit dem Ziel, die Merkmale der Banken mit höherer Performance noch eindeutiger zu identifizieren.

Demnach haben die 84 untersuchten Privatbanken ihre verwalteten Vermögen um CHF 616 Mrd. bzw. um 27 Prozent gesteigert. Während dieses Beobachtungszeitraums waren die Banken sehr gut kapitalisiert und insgesamt in der Lage, auch substanzielle Zusatzbelastungen zu absorbieren. Das regulatorische Mindestkapital für diese Banken erhöhte sich in den vergangenen fünf Jahren um CHF 853 Mio., während ihr anrechenbares Kapital um CHF 5,7 Mrd. anstieg.

Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass im Zeitraum von 2015 bis 2019 weniger als 40 Prozent der Gewinne an die Aktionäre ausgeschüttet wurden. 29 Banken (35%) haben in diesem Zeitraum überhaupt keine Dividende ausgeschüttet. 54 Banken (64%) verzichteten 2019 auf eine solche Ausschüttung. «Die Banken sind sehr gut kapitalisiert und in Lage, externe Schocks zu absorbieren. Ihr anrechenbares Kapital von CHF 30,3 Milliarden ist dreimal höher als das regulatorische Minimum von CHF 9,4 Milliarden», heisst es in den Charts der Medienkonferenz vom 26. August zum Thema «Clarity on Performance of Swiss Private Banks».

Die Banken im Home Office

27 Führungskräfte von Schweizer Privatbanken wurden zum Umgang und zu den Folgen der Coronakrise befragt. Diese Bankenspitzenvertreter repräsentieren 55 Prozent des verwalteten Vermögens aller analysierten Privatbanken (CHF 1,6 Bio.). Alles in allem haben die Privatbanken die Coronakrise bis anhin gut gemeistert. Die KPMG Studienleiter bestärken die Beobachtung, dass die Krisenmanagementpläne rasch umgesetzt wurden und die meisten Banken innerhalb weniger Tage Homeoffice eingeführt hatten. Diese Massnahmen dauern teilweise noch an.

Aufgrund der konservativen Kreditvergabe der vergangenen Jahre konnten die Kreditverluste limitiert werden. Nur ein paar wenige Banken mussten aufgrund der Coronakrise Kostensenkungsprogramme starten.

Gemäss den befragten Führungskräften hat sich die Beziehung zu den Kunden während der Krise verstärkt. Mithilfe erweiterter Kommunikationskanäle konnte der Dialog mit den Kunden sogar verbessert werden. Dennoch stellt insbesondere die Akquisition von Neukunden eine Herausforderung dar, denn gerade bei Erstkontakten bevorzugen potenzielle Privatbankkunden mehrheitlich nach wie vor persönliche Treffen.

Allgemein betrachtet, konnte man die Corona-Krise bis anhin gut meistern. Da die finanzielle Performance der meisten Schweizer Privatbanken im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr stark war, scheint die Coronakrise keinen zusätzlichen, unmittelbaren finanziellen Druck erzeugt zu haben. Langfristig dürften die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise indes erneut schwierige Jahre ankündigen, den Ausstieg unrentabler Institute aus dem Privatbankengeschäft forcieren und somit die Konsolidierung erneut beschleunigen.

 

Digitale Transformation bringt allen Anspruchsgruppen Mehrwert

Die Coronakrise hat gezeigt, wie schnell Banken Veränderungen umsetzen können. Digitale Verbesserungen, die jahrelang aufgeschoben worden waren, wurden nach Bekanntgabe des Lockdowns rasch eingeführt. Dies führte zu flexibleren Arbeitszeiten, höherer Effizienz, intensiverer Kundenkommunikation, neuen digitalen Lösungen wie Online-Client-Onboarding und Prozessautomatisierungen von denen am Ende alle wichtigen Anspruchsgruppen der Bankeninstitute profitierten – Aktionäre, Mitarbeitende und Kunden. Auf diesen Erkenntnissen werden gerade die erfolgreichen Banken weiter aufbauen.

 

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