Krisenresilienz: Schweizer Unternehmen erhalten gute Noten

Schweizer Unternehmen sind finanziell resilienter als ihre Nachbarn aus Deutschland und Österreich. Eine hohe Eigenkapitalquote, ein fortgeschrittener Digitalisierungsgrad und unkomplizierte Unterstützungsmassnahmen durch den Staat sorgten für eine grosse Krisenrobustheit bei Schweizer Unternehmen. Dies zeigt eine Studie der Hochschule Luzern.

Die Studie von HSLU zeigt das Schweizer Unternehmen, durch die vergangenen Krisenjahre gesteuert, finanziell resilienter sind als ihre Nachbarn aus Deutschland und Österreich. (Bild: www.unsplash.com)

Die wirtschaftlichen Auswirkungen grosser Krisenereignisse sind vielseitig. Sie reichten von Umsatzrückgängen, Kostenanstiegen, Lieferkettenproblemen, Arbeitsplatzverlusten bis hin zu einer Destabilisierung ganzer Branchen und Volkswirtschaften. Diese Auswirkungen waren während und nach der Coronapandemie, gefolgt von Ukrainekrieg, Energiekrise und Inflation auch in der Schweiz zu spüren. In dieser Zeit war das Krisenmanagement einzelner Unternehmen essenziell, um die Tragweite der negativen Auswirkungen einzudämmen. Eine Studie der Hochschule Luzern (HSLU) und Fachhochschule Kiel untersuchte börsenkotierte Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und identifizierte und verglich besonders krisenanfällige, aber auch besonders krisenresistente Unternehmen. Ziel war es, wesentliche Einflussfaktoren für eine grössere Widerstandfähigkeit von Unternehmen zu erkennen. Die Untersuchung zeigt: Unterschiede gibt es nicht nur zwischen den einzelnen Branchen, sondern auch zwischen den Ländern.

Neue Krisen ermöglichen neue Erkenntnisse

«Die Coronakrise erlaubte erstmals seit langem, die Krisenwiderstandsfähigkeit von Unternehmen zu untersuchen», sagt Studienleiter Prof. Dr. Stefan Hunziker. Zuletzt sei dies nach der Finanzkrise 2007/2008 möglich gewesen. Die Pandemie machte deutlich: Unternehmen müssen die Engpassbereiche ihres Geschäftsmodells kennen, die durch externe Krisenereignisse betroffen sind. Sie können nämlich zu dramatischen Ertrags- und Liquiditätseinbrüchen sowie Kostenexplosionen führen. «Solche Engpassbereiche nicht nur zu kennen, sondern gezielt zu reduzieren, kann im Krisenfall den Unterschied zwischen erfolgreicher Bewältigung und Insolvenz ausmachen», so der HSLU-Professor.

Schweizer Unternehmen krisenresistenter als die Nachbarn

Die Studie zeigt: Die Schweizer Unternehmen waren ihren deutschsprachigen Nachbarn punkto Krisenwiderstandsfähigkeit voraus – beispielsweise in Sachen Umsatzrendite, einer zentralen Risikokennzahl zur Messung der Krisenresilienz. Sie ist in der Schweiz insgesamt höher. Wesentlich dazu beigetragen hat die hohe Agilität von Wirtschaft und Politik während der Pandemie: Die Umstellung auf Homeoffice und digitale Vertriebskanäle verlief hierzulande schneller. «Der Digitalisierungsgrad hat zwar in der Schweiz noch einiges an Verbesserungsbedarf, ist jedoch demjenigen in Deutschland in mehreren Bereichen voraus», sagt Hunziker.

Weitere Indikatoren sind die überdurchschnittlich hohe Eigenkapitalausstattung und niedrige Aufwandquote von Schweizer Unternehmen. In beiden Bereichen sind die resilienten Schweizer Unternehmen signifikant besser. Die Eigenkapitalausstattung trägt nicht nur zum Abpuffern einzelner Risiken bei, sondern vermindert auch die Gefahr einer Überschuldung und erleichtert die Cash-Beschaffung. «Eigenkapital signalisiert Vertrauen, Solvenz und Leistungsfähigkeit, und dies interessierte die potenziellen Kreditgeber wie Banken», sagt Hunziker. Eine hohe Eigenkapitalausstattung sei deshalb ein wirksamer Schutz gegen Liquiditätsengpässe. Die niedrige Aufwandquote ist ein Indikator für ein robusteres Geschäftsmodell sowie eine grössere Kosteneffizienz.

Staatliche Unterstützung: Schnell und unbürokratisch

Zusammen mit einer hohen Diversifizierung der Schweizer Wirtschaft und weiterhin starken Exporten von beispielsweise Pharmazeutika gerieten die Schweizer Unternehmen insgesamt weniger in Liquiditätsengpässe – sprich: Die Insolvenzwahrscheinlichkeit war niedriger. Auch seien die staatlichen Unterstützungsmassnahmen in der Schweiz schnell und unbürokratisch initiiert worden und die Corona-Politik vergleichsweise liberaler gewesen als in Deutschland. All dies hätte dafür gesorgt, dass hierzulande die Krisenwiderstandsfähigkeit der Unternehmen während der Coronakrise durchschnittlich höher war. Der Studienautor betont jedoch, dass nicht alle Branchen gleich und zum gleichen Zeitpunkt betroffen waren. Während es in der Pandemie die konsumnahen Branchen und die Industrie stärker traf, leiden bei Zinsanstieg und Inflation neben der Industrie auch der Bau- und Immobilienbereich besonders stark. Die Aussagen beziehen sich daher auf die Volkswirtschaft als Ganzes.

Krisenresilienz als Notwendigkeit

Insgesamt steht die Stärkung der Krisenwiderstandsfähigkeit in einem gewissen Zielkonflikt zur Verbesserung der Kosteneffizienz, da der Aufbau von Puffern zusätzliche Ressourcen in Form von Eigenkapital- und Liquiditätskosten verbraucht. Hier besteht die Herausforderung für Unternehmen darin, ein entsprechendes Gleichgewicht zu finden. Hunziker geht davon aus, dass nach diesen Krisen den meisten Unternehmen klarer geworden ist, wie wichtig entsprechende Vorbereitungen sind. Unternehmen tun gut daran, ihre Engpassbereiche zu kennen und über entsprechende operationale, finanzielle und personelle Puffer und Flexibilität nachzudenken – denn es gilt: Die nächste Krise ist gewiss, auch wenn «längere ruhigere Zeiten» eine Illusion der Unverletzlichkeit kreieren.

Quelle: www.hslu.ch 

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