Professionelle Lieferantenaudits: So gelingt’s

Lieferantenaudits generieren heute zunehmend Mehrwert in der gesamten Kette der Kunden- und Lieferantenprozesse. Sie tragen dazu bei, Chancen und Risiken einer Organisation zu erkennen. Der Autor nennt wichtige Erfolgsfaktoren für professionelle Lieferantenaudits.

Der Erfolg im Auditprozess hängt im Wesentlichen von der Qualifikation der Person ab, die das Audit durchführt. Um als Lieferantenauditor eine maximale Wirkung zu erreichen, sind folgende Vorgehensweise und Fähigkeiten auszubauen (Abbildung 1):

Fokussierte Planung

Ein Audit wird idealerweise auf der Basis eines Auftrags und einer systematischen Vorgehensweise durchgeführt. Die Themen zum Auditauftrag sind vorher mit dem Auftraggeber und dem Auditteam abzustimmen. Dies ist wichtig, um zu einem akzeptablen Auditergebnis und dessen Nutzen zu kommen.

Damit es zur Umsetzung kommt, haben sich folgende Punkte in der Planung und im Auditauftrag beispielhaft als sinnvoll erwiesen:

Planung

  • Wer ist mein Auftraggeber? Stimmen Sie die Inhalte, Ziele und Erwartungen vorher mit dem Auftraggeber und dem Auditteam ab.
  • Welche Informationen sind relevant, um die Organisation zu verstehen? Zum Beispiel Relevanz von spezifischen Rahmenbedingungen und interessierten Parteien einschätzen.
  • Welche relevanten Kompetenzen sollten im Team vorhanden sein? Wählen Sie nur Teammitglieder aus, die etwas beizutragen haben, z.B. Experten aus den Bereichen Qualität, Entwicklung, Einkauf.
  • Was sind die ermittelten Risiken dieses Audits? Sammeln Sie aus Ihrem unternehmensinternen Wissensspeicher für Produkt- und Prozessanforderungen relevante Informationen zusammen. Vergleichen Sie im Anschluss die erhaltenen Antworten mit den bestehenden Anforderungen.
  • Welche Lieferketten sind relevant? Auditieren Sie relevante Lieferketten, um so volle Prozesskettentransparenz zu erlangen.
  • Welche persönliche Schutzausrüstung ist erforderlich? Fragen Sie im Vorfeld nach der notwendigen Schutzausrüstung. Nehmen Sie immer Ihre persönliche Schutzausrüstung (Sicherheitsschuhe, Schutzbrille und Gehörschutz) mit, um sich vor möglichen Gefahren zu schützen.

Auditauftrag

  • Auditziel – wozu trägt das Auditziel bei? Zum Beispiel Prozessbeschreibung bewerten
  • Auditkriterien – was ist die Auditgrundlage und welche Vorgaben sollen erfüllt werden? Zum Beispiel Prozessbeschreibung, Prüfvorschrift, Zeichnung, Auditfragen
  • Auditart – welcher Bereich wird begutachtet?
  • Auditorganisation: Wie erreicht das Audit bestmöglich sein Ziel? Ab wann ist es sinnvoll, in der Praxis eine aussagekräftige Stichprobe zu erhalten?
  • Nutzen: Verbesserung der Risikominimierung im Prozessablauf

Objektive Durchführung

Um die Durchführung des Audits effizient und effektiv zu gestalten, sollten Sie das Pareto- Prinzip oder die 20/80-Regel anwenden. Mit 20% Fokus auf Fragen erzeugen Sie 80% der Ergebnisse in Form von Antworten (Abbildung 2). Der Auditor stellt offene Fragen und beurteilt diese objektiv vor Ort.

Verwenden Sie bei Ihren Fragen unbedingt offene W-Fragen, um dem Gesprächspartner genügend Spielraum bei der Antwort zu lassen. Einige Beispiele:

  • Wie stellen Sie sicher, dass …?
  • Welche Lösung bevorzugen Sie?
  • Was sollten wir ändern, um die Anforderung … zu erreichen?
  • Welche möglichen Lösungsansätze kennen Sie bereits?
  • Welche davon können
  • Wie können wir Sie unterstützen?

Wenn Sie bei Ihrer Fragestellung eine Entscheidung herbeiführen möchten, also eine Ja- oder Nein-Antwort, verwenden Sie unbedingt geschlossene Fragen. Ein Beispiel: «Können Sie sich eine direkte und offene Art im Audit vorstellen?»

Jede Feststellung oder auch Abweichung, die Sie durch die Anwendung des Pareto- Prinzips erhalten, sollten Sie vor Ort dokumentieren und mit dem Auditierten besprechen. Dies hilft Ihnen auch dabei, die notwendige Akzeptanz zu erreichen.

Das Geheimnis liegt im aufmerksamen Zuhören

Zum erfolgreichen Kommunizieren gehört es, dass Sie aktiv zuhören. Einige Beispiele:

  • Halten Sie Augenkontakt. Anschauen, anlächeln, zuhören und wenig reden.
  • Belehren Sie nicht, vermitteln Sie Impulse und Ideen.
  • Offene Körperhaltung. Stellen oder setzen Sie sich frontal und gerade ihrem Gegenüber hin. Kopf hoch, Schultern nach hinten.
  • Fragen Sie unbedingt nach, falls etwas nicht richtig verstanden wurde, z.B.: «Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann …»
  • Bleiben Sie während des gesamten Audits immer souverän, höflich, humorvoll und freundlich.
  • Wertschätzend sein. Machen Sie sich bewusst, welche Stärken die Auditierten haben. Geben Sie situativ, authentisch und freudig Rückmeldung.
  • Sie werden sehen: Ihre Akzeptanz als Auditor wird dadurch sofort ansteigen.

Zielorientierte Nachbereitung

Versuchen Sie, einfach und schnell eine zeitnahe Nachbereitung des Audits durchzuführen. Nehmen Sie dazu Ihre Auditnotizen, die Sie während des Audits gemacht haben, und formulieren diese in Form eines Berichtes aus. Sie können auch stichpunktartige Aufzählungen erläutern. Verwenden Sie für die Auditnachweise, wenn möglich und mit vorheriger Erlaubnis des Auditierten, Bilder. Bilder beschreiben am besten das Gesehene. Fertigen Sie einen Bericht an, den alle Teilnehmer spätestens drei Tage nach dem Audit erhalten.

Es ist wichtig, dass Sie in der Massnahmenliste die Feststellungen (Verbesserungspotenziale oder Abweichungen) festhalten. Die dafür erforderlichen Massnahmen sollten nicht von Ihnen als Auditor definiert werden, sondern ausschliesslich vom Auditierten. Das bezweckt zum einen das Auseinandersetzen mit dem Verbesserungspotenzial oder der Abweichung und zum anderen die notwendige Akzeptanz der zu treffenden Massnahmen.

Fordern Sie einen Verantwortlichen für deren Umsetzung und realistische Termine ein. Um die Wirkung des Audits festzustellen, ist eine Erfolgskontrolle, wenn notwendig vor Ort, für die termingerechte Massnahmenerledigung vorteilhaft.

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