Was wir besser machen

Nach zwei Jahren «Exil» in Zürich wieder zurück in der Bundeshauptstadt: Im renovierten Kursaal Bern präsentierte sich am 4. Juni die überaus lebendige Qualitätsszene Schweiz. Die SAQ-Jahrestagung fand neu in Kooperation mit der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Managementsysteme SQS statt.

Was wir besser machen

 

 

 

Der selbstbewusste Slogan «Was wir besser machen» lockte über 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Schweiz nach Bern. Der Wettergott bot genau zur Jahrestagung inmitten der Regenwochen einen prächtigen Sonnentag. Doch nicht nur das sorgte für gute Stimmung. Das neue Tagungsambiente des Kursaals mit dem Blick auf die Berner Altstadt hat sich erneut als exzellenter Ort für den «Tag der Schweizer Qualität» profiliert.

 

«Schweizer Qualität hat viele Aspekte: materielle und immaterielle », hatte der Berner Volkswirtschaftsdirektor Andreas Rickenbacher in seinem Grusswort zur Tagung formuliert. Die Präzision und die Solidität der Produkte seien eine Sache, die immateriellen Rahmenbedingungen eine andere. Und genau diesen widmete sich gleich zu Beginn in einer fulminanten Rede Jean-Claude Biver, Verwaltungsratspräsident der Uhrenfabrik Hublot SA. Schon in den 70er Jahren mitten in der Uhrenkrise hatte der Waadtländer propagiert, dass «handgefertigte Zeitmesser» Erfolg haben würden, weil sie «eine Seele hätten», wie Moderatorin Daniela Lager (SRF) einleitend hervorhob. Heute geben ihm Jahr für Jahr neue Umsatzrekorde recht.

«Wir haben die Schweiz geerbt»

 

«Ohne Tradition keine Zukunft», betonte Biver. Aber gleichzeitig: «Ohne Innovation auch keine Zukunft. Man braucht beides.» Und die Schweiz habe das grosse Glück, beides zu haben. In Bivers Rede stand die Tradition im Mittelpunkt. «Wir haben die Schweiz geerbt», rief er aus, sie geschenkt bekommen. Für jeden und jede sei das ganz natürlich, wir seien damit aufgewachsen. Aber, so Biver, «es ist überhaupt nicht normal. In 100 Jahren haben Millionen Schweizer dafür gekämpft, um uns das zu geben, was wir heute besitzen. Und das ist einmalig in der Welt. Es gibt kein zweites Land wie die Schweiz.» Das sollten alle Schweizer begreifen und dafür sorgen, dass diese Tradition gepflegt und in das 21. Jahrhundert gebracht wird.

 

Die Schweiz, in der Fläche so winzig, dass sie auf der Weltkarte kaum bemerkt wird, gehört zu den grössten Exportländern der Welt. Was bedeutet das? Biver: «Wir haben kein Land wie die Franzosen mit zwei Meeren. Wir mussten erst ein Land bauen. Und

 

Einmalig in der Welt

 

wo? Wir Schweizer haben ein Land: Das ist die Welt.» Um die Schweiz in die Welt zu bringen, brauche es Können und Kopf. Deshalb forderte Biver 1. die «beste Erziehungspolitik» und «das beste Bildungswesen» – auf allen Stufen vom Kleinkind bis zur Universität. Davon profitiert heute das Land: «Starke, bestausgebildete Jugend bedeutet starke Nation. Wenn der Kopf der stärkste ist, dann kann er die Welt erobern.» Und um den Kopf zu «transportieren », brauche es einen gesunden Körper. Die Schweiz sei erfolgreich, weil sie 2. das «beste Medizinsystem der Welt» aufgebaut habe. Und als 3. Punkt des Erfolgskonzepts hielt Biver fest: «Weil uns die Leute fehlen, müssen wir Arbeitskräfte empfangen, offen sein für neue Kulturen, Sprachen und Religionen.» Dafür benötige es ein Politiksystem, «das die Leute empfängt – auf der Basis von Stabilität, Sicherheit und funktionierenden Gesetzen».

 

Mit diesen drei Elementen habe die Schweiz eine Grundlage gebaut, damit das Land auf der Weltkugel zu Hause ist. Das Exportland Schweiz schreibe unzählige Erfolgsgeschichten, die nur deshalb möglich wurden. Obwohl es

 

Eine starke Marke

 

hierzulande keine Hochhäuser gibt, sei Schindler zum grössten Lifthersteller der Welt geworden. Schon vor 120 Jahren war die Chemieindustrie in Japan und China aktiv. Obwohl die Schweiz keinen Kaffee anbaut, habe sie es geschafft, dass aus Espresso «Nespresso » geworden ist. Und keine Luxusuhr werde in der Welt gekauft, wenn nicht «Swiss Made» draufsteht. Zu all dem sei eine geballte Innovationskraft nötig, Kunst, Kultur und Hochwertigkeit, gepaart mit Mut und Optimismus, so Biver: «Wir haben ein Land geerbt, das uns das alles möglich macht. Deshalb sind wir nicht wie die anderen. Wir sind besser.»

Kühe mit Schweizer Pass?

 

Klar, dass vor allem die Uhrenindustrie ein grosses Interesse am Schutz der Marke Schweiz hat. Uhren sollen als schweizerisch gelten, wenn mindestens 60 Prozent der Herstellkosten im Inland anfallen. So steht es in der Swissness- Vorlage, über die in Kürze im Nationalrat abgestimmt wird. Das Markenschutzgesetz ist umstritten, die Debatte führt zu manchen Kuriositäten. Unter welchen Bedingungen wird eine Kuh zur Schweizer Kuh? Spezialist für Fragen rund um die Marke Schweiz ist Prof. Dr. Felix Addor vom Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum.

 

Das Schweizer Kreuz auf Produkten sei in den letzten 20 Jahren zu einem «Premium Co-Brand» geworden, meinte Felix Addor in seiner Rede. Weltweit bezahlten die Konsumenten für «Swissness» einfach mehr als für andere Produkte und honorierten damit auch die von Jean-Claude Biver beschworene Tradition. Neben Spitzenqualität, Zuverlässigkeit und Präzision spiele dabei die allgemeine Wertschätzung der Schweiz eine Rolle. Attraktivität und Vertrauenswürdigkeit machten aus dem Land selbst eine «starke Marke», was sich direkt auf Produkte mit dem Label überträgt. Heute setzen über 5000 aktive Marken auf den Co-Brand «Swiss». Und die Unternehmen ziehen daraus Mehrerlöse von 20 und mehr Prozent. 2009 belief sich der Swissness-Mehrwert auf 4,7 Mrd. CHF, knapp ein Prozent des BIP.

 

Allerdings, schränkte Addor ein, befinde sich das Image der Schweiz, wie aktuelle internationale Umfragen zeigen, seit Kurzem auf «kontinuierlichem Sinkflug ». Zu den Gründen sagte er nichts, aber jeder im Saal wusste wohl, worum es geht. Das andere Problem sei die Zunahme der «Trittbrettfahrer», die mit einem «Swiss-Label» ihre Marken aufpolieren wollen: «‹Bschissness› führt zum Imageverlust der Swissness», warnte Addor. Die Gesetzesrevision soll hier endlich mit klaren Bestimmungen Rechtssicherheit bringen. Auf der einen Seite soll das «Schweizer Kreuz» legalisiert, auf der anderen soll per Gesetz klargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen Produkte und Dienstleistungen mit «Schweiz» bezeichnet werden dürfen: «Wo Schweiz draufsteht, soll auch Schweiz drin sein.» Das Parlament hat am 21. Juni die Swissness-Vorlage trotz teilweiser Skepsis gut geheissen. Der Schweizer Markenschutz ist damit besser durchsetzbar. 

Sika AG – in der Welt zu Hause

 

Ein Beleg dafür, dass Unternehmen auch ohne Schweizer Kreuz im Firmenlogo auf den Weltmärkten höchst erfolgreich sind, ist die Sika AG mit Hauptsitz in Baar. Jan Jenisch, Vorsitzender der Konzernleitung, ist ein Reisender in Sachen Globalisierung. Über die Hälfte des Jahres besucht er vor Ort seine Fabriken, vor allem die Neuinvestitionen in Schwellenländern wie zum Beispiel 2012 die neuen Fabriken in Chile, Kolumbien, Mongolei, Peru oder Vietnam. Im Vergleich mit den «reifen Märkten» in Europa und Nordamerika erwirtschaftete Sika in den Schwellenländern 2012 schon 37 Prozent der Nettoerlöse von 4,8 Mrd. CHF.

 

Angefangen hat alles vor 103 Jahren, so Jan Jenisch, mit einem Produkt zur Beschleunigung des Abbindens und Erhärtens von Mörtel und Beton, das gleichzeitig auch abdichtet. 1918 erfolgte der Durchbruch mit dem Grossauftrag zur Abdichtung der 67 Tunnels zur Elektrifizierung des Gotthard- Tunnels. Und auch heute beim Bau des neuen Gotthard- Tunnels ist die Sika als Lieferanten mit fast identischen Aufgaben wieder dabei. Inzwischen gilt der Konzern dank seiner Innovationen als Weltmarktführer beim «Dichten, Kleben, Dämpfen, Verstärken und Schützen». Hauptkunden sind die Bauwirtschaft

 

SpezielleStrategie

 

und die Fertigungsindustrie. «Zu 80 Prozent können Sie davon ausgehen », so Jenisch, «dass in Ihrem Auto ein Sika-Klebstoff verwendet wurde.» Heute verfügt Sika über 130 Produktions- und Vertriebsorganisationen in 80 Ländern. 95 Prozent des Umsatzes werden ausserhalb der Schweiz realisiert.

 

Sika verkörpert damit die Globalisierung pur. Die Erschliessung neuer geografischer Regionen gehört zur Wachstumsstrategie. Beim Bau einer neuen Fabrik wird auf jegliche «Exportstrategie» verzichtet. Sie wird als «lokale Investition » mit Partnern vor Ort realisiert. Die Produktion erfolgt mit heimischen Rohstoffen und orientiert sich konsequent an den lokalen Kundenbedürfnissen. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die Ausbildung der Fach- und Führungskräfte. «Hier haben wir einen grossen Vorteil als Schweizer Firma, weil wir viel offener sind, um verschiedene Kulturen und Menschen zu akzeptieren und einzubinden », meinte Jan Jenisch. Man setzt voll auf heimische Manager. In Lateinamerika kommen auf über 2000 Mitarbeiter gerade mal vier von der Zentrale entsandte «Expads». Auch dies zeigt: Der Schweizer Konzern ist ganz in Jean-Claude Bivers Sinn buchstäblich «in der Welt».

Die Swissness-Botschafter

 

Neben weiteren Fachvorträgen und Interviews zur Nachhaltigkeit, zum Risk- und Energiemanagement in Schweizer Unternehmen präsentierte der F/A- 18-Pilot Marc Zimmerli zum Schluss der Tagung einen erfolgreichen Botschafter der Marke Schweiz: die Patrouille Suisse. Die Formationsflüge der sechs Flugzeuge begeistern auf Anlässen im In- und Ausland. Die Verbandsflüge mit Distanzen von drei bis fünf Metern bei Geschwindigkeiten bis zu 1100 km/h erfordern ein perfektes Teamwork, auf Sichthöhe mit visuellen Fixpunkten und ohne elektronische Hilfsmittel. Die Patrouille Suisse besticht mit Präzision, Dynamik und 100 Prozent Vertrauen unter den Piloten – eine überzeugendere Visitenkarte für «Swissness» ist kaum denkbar.

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