Labels und Zertifizierungen für die digitale Welt

Mehr als 50 Initiativen arbeiten weltweit daran, Regeln für den ethischen Umgang mit digitaler Technologie zu entwickeln. Die relevantesten Initiativen wurden von der Swiss Digital Initiative (SDI) in Genf identifiziert, welche selbst ein «Digital Trust Label» für digitale Dienstleistungen entwickelt. Die SDI möchte den Impact der verschiedenen Initiativen durch die Förderung der Zusammenarbeit des internationalen "Digital Trust Ökosystems" verstärken.

Swiss Digital Initiative, Digital Trust Ökosystem
Die Swiss Digital Initiative will das Vertrauen in die digitale Welt fördern. © SDI

Vertrauen in digitale Technologien ist von immer grösserer Bedeutung, wie sich jetzt im Zuge der Covid-Pandemie mit den Diskussionen um Kontaktverfolgungs-Apps und digitale Impfpässe einmal mehr zeigt. Bereits seit 2019 arbeitet die Swiss Digital Initiative an der Förderung des digitalen Vertrauens. Eine Initiative ist die Schaffung eines «Digital Trust Label», kurz DTL.

Was soll das  Label?

Das Label soll laut SDI den Nutzern in einer leicht verständlichen Sprache Auskunft darüber geben, ob zum Beispiel der Datenschutz eingehalten wird oder ob ein Algorithmus im Hintergrund Entscheidungen trifft.

Seit Beginn des Projekts im Jahr 2019 beobachtet die SDI die internationalen Entwicklungen in diesem Bereich und steht in regem Austausch mit gleichgesinnten Organisationen, wie sie betont. Mit dem wachsenden Bewusstsein für die Bedeutung von digitalem Vertrauen würden sich mehr als 50 nationale und internationale Initiativen mit der Zertifizierung, der Entwicklung von Kriterien und Labels für den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Technologien beschäftigen. Ein neuer Bericht der SDI gebe nun erstmals einen umfassenden Überblick über das dynamische «Digital Trust Ökosystem». Das zusammengetragene Wissen solle die Grundlage für eine bessere Zusammenarbeit und den Wissensaustausch bilden. Statt Fragmentierung sei mehr Kooperation gefragt, um international gültige Labels und Standards zu definieren.

Die wichtigsten Ergebnisse

Der SDI-Bericht konzentriert sich auf Initiativen und Projekte, die eine Art von Prüfmechanismus zur Förderung sowie Zertifizierung verantwortungsvoller und ethischer digitaler Tools und Services vorschlagen, insbesondere für solche Initiativen, welche die Form eines Labels annehmen.

SDI hat sich 12 der relevantesten Initiativen näher angeschaut und Erfolgsfaktoren sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum «Swiss Digital Trust»-Label analysiert.

Dabei wurden die folgenden Erfolgsfaktoren identifiziert:

  • Das Label muss bei der Zielgruppe bekannt sein;
  • Es sollte von einer starken und bekannten Organisation unterstützt werden; 
  • Es muss eine klare, einfache Botschaft vermitteln und komplexe Details nachgelagert zur Verfügung stellen;
  • Die Governance der Label-Organisation muss als legitim empfunden werden;
  • Ihre Finanzierung muss transparent und für Aussenstehende verständlich sein.

Ein Vergleich mit anderen Initiativen ergab darüber hinaus drei Haupttypen von Herausforderungen: 

  • Charakter digitaler Dienstleistungen und Produkte: digitale Dienstleistungen sind hochkomplex und entwickeln sich sehr dynamisch;
  • Geschäftsmodell des Labels: die Label-Organisation muss über genügend Ressourcen zur kontinuierlichen Begleitung des Labels verfügen;
  • Fehlende Unterstützung: ein glaubwürdiges Label aufzubauen ist ein langjähriges Investment, welches die Unterstützung diverser Stakeholder benötigt.

Das Digital Trust Ökosystem in Genf stärken

Um diese Herausforderungen anzugehen, sei eine bessere Zusammenarbeit und ein verstärkter Austausch zwischen den verschiedenen Initiativen notwendig. Zu diesem Zweck strebe die SDI an, die Beziehungen zu gleichgesinnten Organisationen zu formalisieren. Der SDI-Sitz in Genf, mit seiner Tradition in internationalen Organisationen, Menschenrechten und internationaler Regierungsführung, sei der ideale Ort, um die Initiativen zusammenzubringen, um ihre gemeinsame Vision zu verwirklichen, Best Practices auszutauschen und Erfahrungen zu sammeln. Geplant seien hierfür ein vertiefter Austausch während des Jahres, der Aufbau einer gemeinsamen Kommunikationsplattform und eine Veranstaltung im Herbst mit allen Initiativen, um die praktische Umsetzung der ethischen Prinzipien in der Gesellschaft zu besprechen.

Quasi ein «Bio-Label» für die digitale Welt

Die Swiss Digital Initiative arbeite zusammen mit der EPFL an einem weltweit führenden Digital Trust Label, das die Vertrauenswürdigkeit eines digitalen Dienstes in klarer, visueller und einfacher, nicht-technischer Sprache kennzeichne, heisst es ferner in der Medienmitteilung.

Das Digital Trust Label werde eine Kombination aus Bio-Label und Nährwerttabelle für die digitale Welt sein: Es zeige, dass verbindliche Kriterien von einem digitalen Service erfüllt werden, während es gleichzeitig den Nutzern mehr Informationen und Transparenz über vier Dimensionen des digitalen Services gibt: Sicherheit, Datenschutz, Verlässlichkeit eines Dienstes und faires Benutzermanagement. 

Laut Angaben sind acht Testpartner aus dem öffentlichen und privaten Sektor sind an dem Projekt beteiligt, um die Kriterien zu erproben: Axa, Kanton Waadt, SBB, Swiss Re, Credit Suisse, Booking.com, IBM Schweiz und Swisscom.

Digitales Vertrauen könne nicht von einem Akteur allein definiert werden, sondern sei nur das Ergebnis einer engen Zusammenarbeit aller relevanten Akteure: Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Verbraucherschutz, privater und öffentlicher Sektor. Deshalb habe die Swiss Digital Initiative alle relevanten Akteure in die Entwicklung einbezogen und die Kriterien und den Entwicklungsprozess so transparent wie möglich gestaltet. Das Label verstehe sich als fortlaufende und gemeinschaftliche Anstrengung zur Stärkung der Transparenz, der Vertrauenswürdigkeit und des Verständnisses von digitalen Anwendungen.

Weitere Angaben

Der Bericht wurde von der Swiss Digital Initiative in Zusammenarbeit mit Ethix – Lab for Innovation Ethics, als Teil der nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken, erarbeitet. 

Die folgenden Initiativen wurden im Detail untersucht: 

  1. Data Ethics Framework (AI Ethics Impact Group, Bertelsmann Stiftung)
  2. The Digital Standard (Collective effort: Consumer Reports; Disconnect; Ranking Digital Rights, The Cyber Independent Testing Lab)
  3. The Ethics Certification Program for Autonomous and Intelligent Systems (ECPAIS), (Institute of Electrical and Electronics Engineers IEEE)
  4. Fair Data Economy Score (part of Human Driven Data Economy IHAN, Sitra)
  5. Trustmark for the Internet (EU Next Generation Internet Initiative)
  6. Trustable Technology Mark (Mozilla OpenIoT Studio + ThingsCon)
  7. A Trustworthy Tech Mark (doteveryone)
  8. D-seal, Seal for Data Ethics and IT Security (Public Private Partnership)
  9. AI Certification (Fraunhofer Institute for Intelligent Analysis and Information Systems IAIS)
  10. Independent Audit of AI Systems (For Humanity)
  11. Label Numérique Responsable (NR) (Institut Numérique Responsable)
  12. Apple’s App Privacy Label

Quelle: Swiss Digital Initiative

Weitere Themen: IT-Security: Unterschätzte Gefahren

 

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