ConSense: Software für QM- und Integrierte Managementsysteme mit neuen Features

Die neue Version ConSense 2022.1 ist da: Der Aachener Softwareentwickler ConSense GmbH gibt einen Einblick in die Neuerungen der Software für QM- und Integrierte Managementsysteme.

Die neue Version der Software für QM- und Integrierte Managementsysteme von ConSense weist viele neue Features auf. (Bild: zVg / ConSense GmbH)

Die Standardsoftwarelösungen von ConSense sind für die spezifischen Anforderungen von Unternehmen jeder Grössenordnung aus allen Branchen geeignet. Sie sind laut Hersteller besonders anwendungsfreundlich, modular aufgebaut und skalierbar. Die Bandbreite reicht von QM-Software für QM-Systeme nach DIN EN ISO 9001 über Software für Integrierte Managementsysteme zur Abbildung zahlreicher weiterer Normen bis hin zu hochspezialisierter Managementsoftware für GxP-relevante Systeme.

Zeitgemässe Managementsoftware: Genderneutrale Anrede, Datenschutz und mehr

Mit vielen Neuerungen passt sich die ConSense Managementsoftware modernen Anforderungen an. So unterstützt sie nun unter anderem auch eine genderneutrale Anrede und nutzt genderneutrale Icons. Ausserdem lassen sich für die zuverlässige Erfüllung von Datenschutzvorgaben Elemente aus Workflows automatisch dauerhaft löschen oder anonymisieren, wenn Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind. Das System stellt dazu transparente Übersichten bereit. Damit im herausfordernden Arbeitsalltag keine Fristen oder Termine versäumt werden, können nun sämtlichen Workflowschritten Erinnerungen hinzugefügt werden, z. B. an die Bearbeitung von Aufgaben. Diese werden automatisch vor der Fälligkeit an den definierten Personenkreis versendet. Vorgesetzte Personen behalten mit der neuen Version die Umsetzung von Aufgaben durch die ihnen zugeordneten Beschäftigten noch besser im Blick: Durch zusätzliche Rechte können sie nun Einsicht in die Massnahmen-Workflows ihrer Beschäftigten erhalten und mit weiteren Berichten, z. B. über die Kenntnisnahmen von verteilten Informationen, immer im Bild bleiben. Im Bereich der Dokumentation ist nun zudem das Duplizieren von Prozessen, Dokumenten und Verzeichnissen sowie das Wiederherstellen von Revisionen möglich. Bei der Erstellung oder Bearbeitung von Inhalten kann so noch mehr Zeitersparnis erreicht werden.

Mehr Flexibilität im ConSense PORTAL

Das ConSense PORTAL ist die webbasierte ConSense Lösung für endgeräteunabhängige Managementsysteme. Es vereinfacht den Roll-out, ermöglicht eine mobile Nutzung und kann von den ConSense Hosting Services unterstützt werden. Die Version 2022.1 bietet jetzt weitere neue Nutzungsmöglichkeiten und das Softwarehaus hat zudem viele Details verfeinert. So lässt sich nun beispielsweise global detailliert festlegen, welche Informationen in den Prozesseigenschaften angezeigt werden sollen. Für einen transparenten Vergleich von Versionen stellt die Historie jetzt für einzelne Revisionen ein Elementmenü zur Verfügung, mit dem sich Anwender:innen direkt die Unterschiede anzeigen lassen können. Wie immer standen auch bei dieser Version die Anwender:innen im Fokus der Entwicklungsarbeit des Aachener Softwareentwicklers: Die Usability und die User Experience wurden ganz im Sinne der Philosophie des Unternehmens – akzeptierte und gelebte Managementsysteme zu schaffen – noch weiter optimiert.

Digitales, webbasiertes Schulungsmanagement und Qualifikationsmanagement

Ausserdem ist mit dem neuen Release das Modul ConSense Qualifikationsmanagement, mit dem Unternehmen die Qualifikationen, Kompetenzen und Ressourcen der Beschäftigten effizient und transparent managen, nun auch webbasiert verfügbar. Dies gilt ebenso für das Modul ConSense Schulungsmanagement, das Unternehmen von der Planung über die Beantragung und Genehmigung von Schulungsteilnahmen, die Durchführung, Dokumentation und Wirksamkeitsbewertung bis hin zum automatischen Zertifikatsausdruck unterstützt. 

www.consense-gmbh.de
Für Interessierte findet zwischen 20. und 23. September 2022 eine virtuelle Messe statt mit vielen Hintergrundinformationen rund um Qualitäts- und andere Managementsysteme. 

Eigene Altersvorsorge: Fehlendes Wissen erschwert mehr Selbstverantwortung

Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung glaubt nicht, im Alter genügend Geld aus der AHV und der 2. Säule zu erhalten. Neue Arbeitsmodelle sorgen zudem dafür, dass die Schweizerinnen und Schweizer weniger Beiträge einzahlen. Um sich um alternative Vorsorgemöglichkeiten zu kümmern, fehlt jedoch vielen das notwendige Wissen. Das zeigt eine Studie der Hochschule Luzern, die den aktuellen Kenntnisstand der Bevölkerung bezüglich Finanzen und Altersvorsorge untersucht.

Eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung glaubt nicht, im Alter genügend Geld aus der AHV und der 2. Säule zu erhalten. Alternativen für die Altersvorsorge stossen auf Interesse. Oft fehlt aber das dazu notwendige Wissen. (Bild: Pixabay.com)

Demographischer Wandel und ungenügend hohe Renditen, um die 2. Säule nachhaltig zu finanzieren: Die Arbeitnehmenden in der Schweiz sind sich den Herausforderungen in der Altersvorsorge bewusst. Nur gerade vier Prozent der Befragten, die an der repräsentativen HSLU-Studie teilgenommen haben, stehen Massnahmen zur Behebung der Finanzierungsprobleme von AHV und 2. Säule ablehnend gegenüber. «Entsprechend ist die Skepsis der Befragten bezüglich der Rentenleistungen hoch», sagt Yvonne Seiler Zimmermann, Studienleiterin und Dozentin an der Hochschule Luzern. Rund drei von fünf Befragten glauben gemäss der HSLU-Studie nicht, dass sie genügend Geld aus der AHV und der 2. Säule erhalten werden, um im Alter den gewohnten Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Interessant: Frauen vertrauen dem Vorsorgesystem noch weniger als Männer. Nicht überraschend haben jüngere Personen weniger Hoffnung, aus der AHV und 2. Säule genügend Geld zu erhalten als ältere Menschen.

Menschen wollen Selbstverantwortung bei der eigenen Altersvorsorge wahrnehmen

Einer der Megatrends der Zukunftsforschung ist die Individualisierung in allen Lebensbereichen. «Dieser Trend führt insbesondere dazu, dass die Menschen selbstbestimmter leben und vermehrt ihre Arbeitstätigkeit flexibel und ihren Bedürfnissen entsprechend gestalten wollen», so Seiler Zimmermann. Neben flexiblen Arbeitszeiten und -orten wünschen viele Arbeitnehmenden auch vermehrt Auszeiten während der Erwerbstätigkeit für Weiterbildungen, Sabbaticals, Elternzeit oder für die Pflege von Angehörigen. Immer mehr Menschen äussern zudem den Wunsch, sich früher als gesetzlich geregelt pensionieren zu lassen. Die Studienleiterin ist sich sicher: «Der Megatrend der Individualisierung sorgt dafür, dass die Menschen auch in der Vorsorge mehr Selbstverantwortung übernehmen müssen.». Dazu gehöre insbesondere, dass die Anlagestrategie des eigenen Vorsorgekapitals selbstbestimmt festgelegt werden kann und für Auszeiten selbst vorgesorgt wird. «Ein Unterbruch der Erwerbstätigkeit kann sonst eine spätere Rentenkürzung zur Folge haben», erläutert Seiler Zimmermann.

(Quelle: Hochschule Luzern)

Individuelle Vorsorgelösungen stossen auf Interesse

Die Umfrage zeigt, dass mit 62 Prozent die überwiegende Mehrheit der Befragten der Idee, die Anlagestrategie selbst zu bestimmen, positiv gegenübersteht. Allerdings wünschen sich 30 Prozent eine gute Beratung bei der Festlegung der Anlagestrategie und weitere 24 Prozent möchten aus einer vorgegebenen Auswahl von Alternativen wählen können.

Die klare Mehrheit der Befragten würde es begrüssen, eine berufliche Auszeit mit einem speziellen, zusätzlichen Vorsorgekonto finanzieren zu können. 82 Prozent von ihnen fänden das gut. «Die meisten Menschen wären also bereit, bei der Altersvorsorge mehr Eigenverantwortung zu übernehmen», so Seiler Zimmermann. «Individuelle Vorsorgelösungen stossen auf Interesse.». Am häufigsten würden die Befragten dieses Zusatzkonto für die Finanzierung einer Frühpensionierung verwenden wollen, gefolgt von Sabbaticals. Viele der Befragten wären auch damit zufrieden, ein solches Konto zu haben, ohne genau zu wissen, wofür sie das Geld später verwenden werden.

Unkenntnis über eigene Wissenslücken

Um sich selbst um die finanzielle Vorsorge kümmern zu können, ist ein minimaler Kenntnisstand bezüglich Finanzen und Altersvorsorge erforderlich. Die Umfrageergebnisse zeigen: Die Kenntnisse über das Vorsorgesystem und die eigene Vorsorgeeinrichtung fallen bei den Befragten eher bescheiden aus. «Das Hauptproblem ist dabei nicht das fehlende Wissen an und für sich, sondern die Unkenntnis der eigenen Wissenslücken», präzisiert Yvonne Seiler Zimmermann. «Ist sich jemand bewusst, dass er oder sie etwas nicht weiss, kann sich diese Person beraten lassen oder sich selbst informieren», so die HSLU-Expertin weiter. Dieses Bewusstsein über das eigene Unwissen fehle allerdings vielen Personen.

Diese Wissenslücke zeigt sich insbesondere auch bei den Regelungen zur freiwilligen Altersvorsorge. «Beispielsweise darf eine Person, die sich für einen Erwerbsunterbruch entschieden hat, nicht mehr in die Säule 3a einzahlen», erklärt Seiler Zimmermann. Das wissen aber viele nicht. Nur gerade 35 Prozent der Befragten wissen, dass nicht alle Personen in der Schweiz für die Säule 3a einzahlungsberechtigt sind. «Wer sich für einen Unterbruch seiner Erwerbstätigkeit entscheidet, sollte solche Faktoren mitbedenken», so die HSLU-Expertin. Das sei nur ein Beispiel von vielen, warum sich das Aneignen von Wissen im Bereich der Altersvorsorge lohne. Mit der vorliegenden Studie möchten die Studienautorinnen und Studienautoren auf diese Thematik aufmerksam machen. Seiler Zimmermann: «Öffentliche Diskussionen über Vorsorgethemen können helfen, den Kenntnis- und Wissensstand in der breiten Bevölkerung zu verbessern.»

Quelle: Hochschule Luzern

Digital Health: 80% der Schweizer Versicherten wären bereit, ihre Daten mit Krankenversicherungen zu teilen

Eine Umfrage des Beratungsunternehmens Accenture zeigt, dass sowohl Führungskräfte und Branchenexpertinnen und -experten der Krankenversicherungsbranche als auch Konsument/-innen Digital Health als prioritäres Thema sehen, das sie auch in Zukunft beschäftigen wird.

Digital Health ist ein grosses Thema, das nicht nur Branchenexpertinnen und -experten Beschäftigt. Die Bereitschaft, persönliche Daten mit Krankenversicherungen zu teilen, ist hoch. (Bild: Unsplash.com)

Das Beratungsunternehmen Accenture hat den Puls zum Thema „Digital Health“ gefühlt und dazu sowohl Branchenexperten wie auch Konsumenten befragt. Dabei zeigte sich dass Branchenexepertinnen und -experten am meisten in Kundenportale, mobile Apps (z.B. mobile Gesundheitscoachs) und Plattformen investieren.

Digital Health: Herausforderungen in vielen Bereichen

Im Zusammenhang mit diesen Themen geht aus der Studie hervor, dass es aber noch viele Herausforderungen und weitergehende Fragestellungen gibt, etwa hinsichtlich:

Strategie & Differenzierung

  • Welche Ziele sollen mit Digital Health erreicht werden?
  • Welche Partnerschaften werden für die Realisierung der Ziele benötigt?
  • Wie können wir uns mit unserem Digital-Health-Angebot gegenüber unseren Wettbewerbern differenzieren?

Skills & Organisation

  • Welche Kompetenzen müssen intern vorhanden sein/aufgebaut oder via externe Partner ergänzt werden?
  • Wo und wie sollten wir unsere Digital-Health-Kompetenzen in unserer Organisation aufbauen?

Service Portfolio Scope

  • Haben wir eine klare/kohärente Gesamtstrategie für unser (geplantes) Digital-Health-Service-Portfolio (z.B. wo nützen wir Eigenentwicklungen, wo Drittplattformen)?
  • Was ist der genaue Umfang/das Angebot der jeweiligen Portale, Apps usw.?

Finanzen

  • Wer übernimmt die Kosten des Plattformbetriebs, der Kundenakquise und der Incentivierung der Kunden und Leistungserbringer?

Ferner beschäftigen sich Führungskräfte im Zusammenhang mit Digital Health mit Themen wie den Auswirkungen des Metaverse auf die Versicherungsbranche, dem Potenzial einer nationalen Health-Cloud oder einer effektiven digitalen Patientensteuerung.

Grosse Bereitschaft für Digital-Health-Lösungen bei Schweizer Versicherten

Auf Seite der Konsumentinnen und Konsumenten sehen 70% bereits heute einen Mehrwert in Digital-Health-Lösungen. Gerade bei der Verfügbarkeit von Gesundheitsleistungen, Transparenz und Sicherheit im Notfall sehen Konsument:innen klare Vorteile. Generell steigt das Vertrauen in digitale Lösungen im Gesundheitsbereich seit einigen Jahren. Krankenversicherer sollten sich daher überlegen, wie sie auf die Erwartungen ihrer Kund:innen in diesem Bereich am besten eingehen können und welche Voraussetzungen (z.B. Partnerschaften, technische Grundlagen) dafür nötig sind.

Auch bei der digitalen Verwaltung von Gesundheitsdaten zeigt eine Mehrheit der Schweizer Versicherten grosses Interesse: 57% der befragten Versicherten sind bereit, ihre Gesundheitsdaten digital zu verwalten – davon verwalten 11% ihre Daten bereits heute digital. Interessant ist dabei die Erwartungshaltung der Versicherten. So erwarten 42%, dass die Krankenversicherungen die Verantwortung für die Datenverwaltung übernehmen und attraktive Angebote bereitstellen. Darüber hinaus sind 40% der Meinung, der Bund und die Kantone sollten die Verantwortung übernehmen; 37% wiederum sehen diese Aufgabe bei den medizinischen Institutionen. Die Erfüllung dieser Kundenerwartungen setzt daher einen Austausch zwischen Krankenversicherern, Bund und Kantonen sowie den weiteren Playern im Gesundheitswesen voraus.

Welche Informationen eher geteilt werden möchten und welche nicht

Die Umfrage hat ausserdem ergeben, dass 80% der Konsumentinnen und Konsumenten bereit sind, ihre Gesundheitsdaten direkt mit den Krankenversicherern zu teilen. Wie aus der nachfolgenden Grafik ersichtlich wird, handelt es sich dabei v.a. um medizinische Daten zu Blutgruppe, Impfungen, Medikamenten und Allergien. Bei Lifestyle-Daten (z.B. Daten zu Fitness, Herzfrequenz und Schlafverhalten) nimmt diese Bereitschaft allerdings deutlich ab. Ausserdem hat sich gezeigt, dass Konsument/-innen von ihrer Krankenversicherung eine konkrete Gegenleistung erwarten, z.B. in Form einer Prämienreduktion. Krankenversicherer sollten sich hier überlegen, welche datenbasierten Angebote für ihre Kundschaft attraktiv sein könnten und ob der Fokus dabei eher auf medizinisch orientierten oder Lifestyle-Angeboten gelegt werden sollte.

(Quelle: Accenture)

Schliesslich ist auch das Thema digitale Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter von zentraler Bedeutung für die Konsument/-innen: 91% stehen diesem Thema offen gegenüber, dies v.a. vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung, steigenden Pflegekosten sowie der Knappheit an Pflegepersonal und -heimen. 75% der Befragten können sich vorstellen, digitale Lösungen für Notfälle (z.B. Sturzerkennung) für sich selbst oder ihre Angehörigen zu nutzen. Weitere Bedürfnisse wurden in den Bereichen medizinische Unterstützung (z.B. automatische Bestellung von Medikamenten) und Unterstützung im Alltag (z.B. Tele-/Videokommunikation mit medizinischem Personal) geäussert. In Anbetracht dieser Kundenbedürfnisse und der aktuellen Marktsituation bieten sich Krankenversicherungen aber auch anderen Akteuren im Gesundheitsmarkt zahlreiche Möglichkeiten in den Bereichen Partnerschaften/Ökosysteme und der Lancierung eigenständiger innovativer Produkte.
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse meint Dr. Marcel Thom, Studienleiter und Leiter Insurance & Digital Health bei Accenture Schweiz: «Sowohl die Krankenversicherer als auch die Bevölkerung haben grosse Erwartungen an Digital Health. Es gilt hier schnell Lösungen zu erstellen, die einen klaren Mehrwert für Anbieter und Endnutzer bieten.»

Quelle: Accenture

Mangelnder Technologietransfer gefährdet Klimaziele

Viele Entwicklungsländer knüpfen ihre im Rahmen des Pariser Abkommens eingereichten nationalen Klimaschutzbeiträge an die Bedingung, von den Industrieländern Finanzmittel, Technologietransfer und Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten zu erhalten. Die Industrieländer lieferten bislang aber nicht im zugesagten Umfang, zeigt eine neue Studie. Und öffentlich-private Partnerschaften und andere Energieinitiativen können dieses Manko nur zum Teil ausgleichen.

Industrieländer tun sich mit Technologietransfer in Entwicklungsländer schwer und gefährden deshalb die Klimaziele. Im Bild: Favela in Salvador de Bahìa, Brasilien. (Bild: Depositphotos.com)

Die Industrieländer haben zugesagt, ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden Dollar aus öffentlichen und privaten Quellen für die Klimafinanzierung zur Verfügung zu stellen. Besonders wichtig dabei ist der Technologietransfer: Die Entwicklungs- und Schwellenländer brauchen nicht nur Geld für den Ausbau von nachhaltigen Technologien, sondern auch Wissen über CO2-arme Technologien.

Dieses Ziel wird bislang nicht erreicht – und nicht nur, weil die Klimafinanzierung fehlt. „Die meisten Patente für kohlenstoffarme Technologien sind im Besitz von Unternehmen in den Industrieländern. Dadurch haben diese einen großen Wettbewerbsvorteil. Sie teilen ihr Wissen nur dann, wenn es für sie vorteilhaft ist“, sagt Andreas Goldthau vom Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS) und der Universität Erfurt, Mitautor einer Studie zu dieser Thematik. China sei bisher das einzige Schwellenland, das erfolgreich Technologietransfer durch ausländische Direktinvestitionen angezogen habe, nennt Goldthau als Beispiel. Um sich den chinesischen Markt zu erschliessen, waren die Unternehmen bereit, ihre Technologien zu „transferieren“, also Wissen weiterzugeben.

Chinas Erfolgsrezept ist nur bedingt übertragbar

Chinas Erfolg beim Aufbau eines kohlenstoffarmen Technologiesektors wird der hohen Innovationsfähigkeit der chinesischen Industrie sowie Politikmassnahmen zugeschrieben. „Dazu gehören die Förderung von Joint Ventures und Wissenstransfer, aber auch ein obligatorischer Inlandsanteil, das heißt, ausländische Investoren müssen in China hergestellte Produkte oder Dienstleistungen nutzen. Mit seinem großen und profitablen Markt konnte China solche Massnahmen durchsetzen“, sagt die Erstautorin der Studie, Silvia Weko (IASS/Uni Erfurt). In anderen Entwicklungs- und Schwellenländern hätten sich ähnliche Bestrebungen hingegen als unwirksam oder sogar kontraproduktiv erwiesen.

Dort bewegen sich ausländische Investitionen in kohlenstoffarme Energiesysteme nach wie vor auf zu niedrigem Niveau. Die Länder nutzen deshalb die ihnen zur Verfügung stehenden, überwiegend fossilen Technologien und Finanzmittel. Die Gefahr besteht, dass diese Länder langfristig von fossiler Energie abhängig bleiben.

Initiativen engagieren sich für Ausbau des Stromnetzes, aber zu wenig für Technologietransfer

Was können Länder tun, die den Technologietransfer erhöhen wollen, ihn aber nicht über die internationalen Märkte oder die Politik erhalten? Als Chance für die Energiewende im Globalen Süden gelten Initiativen zum Technologietransfer, wie öffentlich-private Partnerschaften oder Plattformen wie das Climate Technology Center and Network (CTCN) der Vereinten Nationen. Solche Initiativen sollten die Marktlücke füllen, aber ihre Erfolgsbilanz fällt laut der Analyse der IASS-Forschenden gemischt aus.

Weko und Goldthau identifizierten 71 internationale Initiativen, die den Transfer kohlenstoffarmer Technologien zu ihren Zielen zählen. Besonders viele davon sind in Ländern tätig, in denen nur ein geringer Bevölkerungsanteil Zugang zu Elektrizität hat. Sie verbessern dort erfolgreich den Aufbau nachhaltiger Energiesysteme. Allerdings nehmen sich nur 26 der 71 untersuchten Initiativen tatsächlich der Aufgabe des Technologietransfers an.

Damit der Wissenstransfer in Entwicklungs- und Schwellenländer verstärkt wird, halten die Forschenden es für unabdingbar, dass die Industrieländer ihre Finanzierungsversprechen einhalten und das Climate Technology Center and Network der Vereinten Nationen stärker unterstützen. Denn mit dem jetzigen Flickenteppich an Initiativen sei die Lücke nicht zu schließen. Auch die Verknüpfung mit dem Handel biete Chancen: Zum Beispiel können technologieimportierende Länder bessere Konditionen aushandeln, wenn sie ihre Nachfrage bündeln.

Quelle: www.iass-potsdam.de

37227 Blitzeinschläge im Sommer 2022

Der Blitz-Informationsdienst von Siemens (BLIDS) registrierte in der Schweiz vom 1. Juni bis 31. August 2022 insgesamt 37'227 Blitzeinschläge. Im letzten Sommer waren es in diesem Zeitraum deutlich mehr – rund 63'155. Mit 7,41 Einschlägen pro km2 lag die grösste Blitzdichte in der Ortschaft Correvon im Kanton Waadt. Der zweithöchste Wert wurde im Kanton Aargau gemessen: Williberg verzeichnete 5,28 Blitze pro km2.

  • Nordwestschweiz: Williberg/AG, 5,28 Blitze pro km2
  • Ostschweiz: Ermatingen/TG, 3,83 Blitze pro km2
  • Südschweiz: Ludiano/TI, 4,38 Blitze pro km2
  • Westschweiz: Correvon/VD, 7,41 Blitze pro km2
  • Zentralschweiz: Feusisberg/SZ, 4,17 Blitze pro km2
  • Zürich: Erlenbach, 3,48 Blitze pro km2  
BLIDS nutzt zur Erfassung rund 150 verbundene Messstationen in Europa. Die Fachleute von Siemens betreuen neben der BLIDS-Infrastruktur in der Schweiz auch das Messnetz in Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, den Niederlanden, Tschechien, Slowakei und Ungarn.

Ermittlung auf 100 Meter genau

Die hohe Genauigkeit von BLIDS basiert auf dem Time-of-Arrival (TOA)-Prinzip. Aus der Differenz der in den Empfängern aufgezeichneten Zeiten wird der Blitzort berechnet. Dank der rasant gestiegenen Rechen- und Speicherkapazitäten gelingt BLIDS eine immer schnellere und präzisere Datenübertragung. «Während es früher bis zu 30 Sekunden gedauert hat, bis Informationen zu einem Blitzeinschlag im System abrufbar waren, dauert es heute nur noch zehn», erklärt Stephan Thern, Leiter des Blitz-Informationsdiensts bei Siemens. «Heute können wir rund die Hälfte der Blitze auf weniger als 100 Meter genau bestimmen.» Die Informationen können zum Beispiel für Betreiber von Hochspannungsleitungen relevant sein. So lässt sich, wenn eine Leitung ausfällt, schnell klären, ob ein Blitz oder ein umgestürzter Baum für den Stromausfall verantwortlich ist. «Falls wir den Blitzeinschlag bestätigen, kann die Leitung viel schneller wieder ans Netz genommen werden.» Um Kundinnen und Kunden die Blitzdaten auf ihren PCs und Mobilgeräten verfügbar zu machen, stellt der Blitz-Dienst auch cloudbasierte Anwendungen bereit.

So funktioniert das BLIDS-System

Jeder Blitz sendet ein elektromagnetisches Signal, respektive elektromagnetische Wellen aus. Diese Informationen werden mit Antennen registriert und in der BLIDS-Zentrale von Siemens in Karlsruhe analysiert. Neben der genauen Lokalisierung ermöglicht es diese Mess- und Berechnungsmethode zudem, die Polarität und Stromstärke sowie Teilblitze innerhalb eines Gesamtblitzes zu erkennen. Je präziser und schneller die Daten sind, umso höher der Schutz für Menschen, Industrieanlagen und Infrastruktur. Die Antennen sind so aufgebaut, dass sie erkennen können, aus welcher Richtung das Signal kommt. In Kombination mit den Informationen weiterer Antennen ist es möglich, den Einschlagspunkt zu bestimmen. Der Verlauf eines Gewitters kann so lückenlos dargestellt werden.

Mit dem kostenlosen BLIDS-Spion können sich Interessierte unter www.blids.de schnell und aktuell auch über Blitzeinschläge in der Schweiz informieren.

Quelle: Siemens

Mentoringprogramm Swiss TecLadies der SATW gestartet

Am 3. September 2022 startete an der EPFL das Swiss TecLadies Mentoring-Programm der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW mit rund 200 Personen. Die aus allen Landesteilen stammenden 120 Mentees trafen sich untereinander und mit ihren Mentorinnen zum allerersten Mal. Von September 2022 bis Juni 2023 stehen die Mentorinnen den Mädchen als Beraterinnen und Vorbilder zur Seite.

Start des Mentoringprogramms Swiss TecLadies an der EPFL. (Bild: SATW 2022)

Im Herzen der EPFL – dem symbolträchtigen Schauplatz von Innovationen – erfolgte der Startschuss zur dritten Ausgabe des Mentorings-Programms, welches Mädchen von 13-16-Jahren spannende Einblicke in technische Berufe gibt und sie so in den MINT-Disziplinen fördert. «Um dem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in den Bereichen Informatik und Technik zu begegnen, ist es wichtig, den weiblichen Nachwuchs zu fördern, der in diesen noch immer überwiegend von Männern dominierten Berufssparten durchaus seinen Platz einnehmen kann», erklärt Sandra Weidmann, Programmleiterin Swiss TecLadies. Swiss TecLadies arbeitet mit dem Research center in vocational psychology and career counseling (CePCO) der Universität Lausanne UNIL zusammen, um dem Programm eine möglichst grosse Wirkung zu verleihen.

Begeisterung bei den angehenden Swiss TecLadies geweckt

Der Tag begann mit der Plenarversammlung im grossen Saal der EPFL und den Begrüssungsansprachen der Leiterin der Abteilung für Wissenschaftsförderung SPS der EPFL, Dr. Farnaz Moser-Boroumand, sowie des Präsidenten der SATW, Prof. Dr. Benoît Dubuis. Es folgten Referate verschiedener namhafter weiblicher Persönlichkeiten aus den Bereichen Technik, Informatik und Raumfahrt.

Auf der Bühne ergriffen renommierte Expertinnen wie Deborah Müller, Space Technology and Industrial Relations Advisor, ESA Technology Harmonisation Swiss Delegation und Mentorin für die Deutschschweiz, Eleonore Poli, Doktorandin und Analog-Astronautin, sowie Prof. Dr. Monica Landoni, Forscherin und Referentin an der Informatikfakultät der Università della Svizzera italiana USI und ebenfalls Mentorin für die Südschweiz, das Wort. Wer vor Ort war, stellte fest: Der Elan und die Begeisterung in den Ausführungen vermochten das faszinierte Publikum von ihrer Leidenschaft für ihre jeweiligen Tätigkeiten zu überzeugen. Die Vortragenden verdeutlichten die grosse Bedeutung der Wissenschaft für die Herausforderungen der modernen Gesellschaft und riefen die jungen Frauen auf, in diese Fachrichtungen einzusteigen, um die Welt von morgen mitzugestalten. 

Spass beim gegenseitigen Kennenlernen

Nach diesen Referaten war für die Mentees und Mentorinnen die Zeit gekommen, um im Saal ihren Gegenpart zu ermitteln. Die Suche wurde von der Post Tenebrass Band musikalisch untermalt. In Form eines Speed-Datings mussten während ein paar wenigen Minuten mehrere Fragen beantwortet werden, die das Eis brechen sollten. 

Nach einem gemeinsamen Lunch konnten die Mentees an Programmier-Workshops teilnehmen, die von der Abteilung für Wissenschaftsförderung SPS der EPFL auf Deutsch, Französisch und Italienisch angeboten wurden. Dr. Farnaz Moser-Boroumand erklärte: «Um die heutigen und zukünftigen Herausforderungen unserer Gesellschaft anzugehen, benötigen wir Wissenschaftler:innen und Ingenieur:innen, Frauen und Männer. Deshalb ist es wesentlich, den Mädchen das gesamte Rüstzeug mitzugeben, um ihr Selbstvertrauen so zu stärken, dass sie eine wissenschaftliche und technische Laufbahn einschlagen wollen.» Die Mentorinnen nahmen in dieser Zeit an einem Workshop der Agentur RADAR RP zum Thema «Besser kommunizieren in der Wissenschaft» oder an einer Info-Session zum Thema «Mentorin sein für eine TecLady» teil.

Die am Programm beteiligten Mentorinnen sind Spezialistinnen in den Bereichen Technik, Wissenschaft oder auch Informatik und Raumfahrt. Sie arbeiten in den unterschiedlichsten Unternehmen aus der ganzen Schweiz.

Quelle: SATW

aeesuisse Kongress 2022 stösst auf grosses Interesse

Im Rahmen des aeesuisse Kongresses diskutierten am 1. September 2022 prominente Referentinnen und Referenten gemeinsam mit rund 300 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung, wie die Versorgungssicherheit dank der Energiewende gewährleistet werden kann.

Bundesrätin Sommaruga sprach am aeesuisse Kongress 2022. (Bild: aeesuisse.ch)

Die aktuell herausfordernde geopolitische Lage macht deutlich, wie gefährlich die Energieabhängigkeit der Schweiz ist. Klar ist: Die Energiewende ist der einzige Weg, wie die Schweiz die Versorgungssicherheit langfristig sicherstellen kann. Dies wurde am diesjährigen aeesuisse Kongress deutlich.

aeesuisse Kongress 2022: «Bremsen lösen. Jetzt handeln!»

Im Rahmen des aeesuisse Kongresses 2022 wurde die Energiewende als Garant für die Versorgungssicherheit von zahlreichen relevanten und prominenten Referentinnen und Referenten diskutiert. Unter dem Motto «Bremsen lösen. Jetzt handeln!» stiess die Tagung am 1. September 2022 in Emmenbrücke auf grosses Interesse. Der aeesuisse Kongress hat sich in den vergangenen Jahren zu einem zentralen Treffpunkt der Energiebranche etabliert. Die aeesuisse ist die Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Sie vertritt die Interessen von 35 Branchenverbänden und damit von rund 35’000 Unternehmen in der Schweiz.

Hochkarätige Referentinnen und Referenten aus Wirtschaft und Politik

Der Kongresstag startete aufregend und interaktiv mit dem «Markt der Energiewendemacher:innen»: Bei einem Live Projekt Pitching kürten die Zuschauerinnen und Zuschauer die Ernst Schweizer AG, den Nachhaltigkeits- und Solarpionier der ersten Stunde, zum Sieger des Wettbewerbs. Mit dem präsentierten Photovoltaik-Montagesystem leistet die Ernst Schweizer AG nicht nur einen wichtigen Beitrag an den dringlichen Ausbau der erneuerbaren Energien, sondern stärkt auch die Kreislaufwirtschaft. Überreicht wurde der «aeesuisse Preis 2022» durch Gianni Operto, Präsident der aeesuisse. 

Direkt anschliessend folgten spannende Keynotes zur Wärmewende, den Möglichkeiten der Photovoltaik-Technologie sowie zu den Innovationen bei der Ladeinfrastruktur der E-Mobilität von Lars Hummelmose, Direktor beim Danish Board of District Heating, Noah Heynen, Helion-CEO sowie Patrick Kern, CEO der Brugg eConnect AG.

Einblick in die aktuelle Energiepolitik des Bundes

Am Nachmittag startete der Kongress mit einer Keynote zur aktuellen Energiepolitik von Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Es folgten spannende und topaktuelle Keynotes zu Europa, Wirtschaft und Transformation in der Energiewende von Cornelia Daniel, Inhaberin der Dachgold Initiative und Österreicherin des Jahres 2020, Martin Schwab, CEO der CKW AG, Dr. Günther Bachmann, ehem. Generalsekretär des deutschen Nachhaltigkeitsrates und Berater der deutschen Bundesregierung und Helmut Ruhl, CEO der AMAG Group AG.

Zum Abschluss des Fachkongresses wurde am Energy Talk über die Energiewende als Garant für die Versorgungssicherheit mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert. Mit dabei waren Damian Müller, Ständerat FDP, Peter Galliker, CEO der Galliker Transport AG, Gabriela Suter, Nationalrätin SP und Prof. Dr. Gabriela Hug, Professorin Power Systems Laboratory an der ETH Zürich. Abgerundet wurde der Kongress durch ein Schlusswort von Priska Wismer-Felder, Nationalrätin die Mitte und Vizepräsidentin der aeesuisse.

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Günstigere Solarzellenproduktion dank Kupfer statt Silber

In Solarzellen modernster Bauart werden erhebliche Mengen des Edelmetalls Silber verwendet. Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme haben nun ein Galvanisierungsverfahren entwickelt, mit dem Silber durch Kupfer ersetzt werden kann. Dies führt zu Kostenersparnissen bei der Solarzellenproduktion.

Dank der Verwendung von Silber statt Kupfer könnte die Solarzellenproduktion günstiger werden. (Bild: Unsplash.com)

Die Photovoltaik ist die tragende Säule für die angestrebte Energiewende. Laufende Entwicklungen und Forschungstätigkeit führen laufend zu Verbesserungen von Wirkungsgraden und Produktionstechniken von Photovoltaik-Modulen. Solarzellen werden deshalb immer mehr zu einem Massenprodukt. Stand der Technik sind heute die sog. Heterojunction-Solarzellen, die mit einem vergleichsweise geringen Einsatz des Halbleiter-Metalls Silizium auskommen und damit einen geringen CO2-Fussabdruck aufweisen. Zudem erreichen sie in der industriellen Solarzellenproduktion höchste Wirkungsgrade. 

Nach wie vor wird aber bei der Solarzellenproduktion Silber verwendet. Dieses Edelmetall ist verantwortlich für die Leitung des in der Siliziumschicht erzeugten Stroms. In letzter Zeit sind die Preise für Silber aber massiv gestiegen; inzwischen macht Silber rund zehn Prozent der Herstellungskosten eines PV-Moduls aus. Hinzu kommt, dass die Vorräte dieses Edelmetalls sehr begrenzt sind. Allein die Solarindustrie verarbeitet heute bereits 15 Prozent des weltweit geförderten Silbers – Tendenz steigend. Nicht zu vergessen sind andere Sektoren, z.B. die Elektromobilität, die ebenfalls einen immer höheren Bedarf für dieses Metall haben.

Kupfer für Solarzellenkontakte

Lässt sich also Silber durch ein anderes Material gleichwertig ersetzen? Und falls ja: Welche Auswirkungen hat dies auf die Prozesse der Solarzellenproduktion? Mit diesen Fragen haben sich Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg i. Br. gestellt. Ein Forscherteam um Dr. Markus Glatthaar hat für die vielversprechende Heterojunction-Technologie ein galvanisches Verfahren entwickelt, um Silber durch Kupfer zu ersetzen. Kupfer ist um ein Vielfaches kostengünstiger und leichter verfügbar als Silber.

Wer sich mit Galvanotechnik befasst, weiss: Oberflächen, welche nicht beschichtet werden sollen, müssen zunächst mit einer nichtleitenden Schicht maskiert werden. Das Kupfer baut sich dann im Elektrolytbad nur in jenen Bereichen auf, die nicht mit dieser Isolierung beschichtet sind. Für diese Isolierschicht wurden bislang teure Lacke auf Polymerbasis oder laminierte Folien verwendet. Deren Entsorgung ist aufwändig und kostspielig. Dem Team um Dr. Markus Glatthaar ist es nun aber gelungen, die Polymere durch Aluminium zu ersetzen. Genau wie Kupfer ist Aluminium vollständig recycelbar. Der doppelte Materialwechsel, von Silber zu Kupfer und von Polymer zu Aluminium, bringt auch einen doppelten Nutzen: Die Solarzellenproduktion wird nicht nur nachhaltiger, sondern auch deutlich günstiger.

Innovative Galvanotechnik und verbesserte Elektrolyte

Das spezielle Galvanikverfahren ermöglicht nun also den Ersatz von Silber durch Kupfer. Gemäss den Forschern konnte sogar die Leitfähigkeit der sog. Busbars, also dem Bindeglied zwischen den einzelnen Solarzellen, verbessert werden. Aufgrund der verwendeten Laserstrukturierung sind die Kupferleitungen besonders schmal. Durch die extrem geringe Breite der Kupferleitung von nur 19 μm (Mikrometer) erfährt die lichtabsorbierende Siliziumschicht weniger Abschattung als bei den Silberleitungen. Dies und die hohe Leitfähigkeit des galvanisch abgeschiedenen Kupfers verbessern die Stromausbeute.

Doch Aluminium als Maskierungsschicht? Aluminium ist doch ebenfalls leitfähig? In der Tat scheint dieses Metall auf den ersten Blick als Maske ungeeignet. Allerdings hat Aluminium die Eigenschaft, dass es rasch oxidiert und eine wenige Nanometer dicke Oxidschicht bildet, welche als Isolator wirkt. „Wir konnten die Prozessparameter anpassen und einen speziellen Elektrolyttyp entwickeln, der dafür sorgt, dass die extrem dünne, native Oxidschicht des Aluminiums ihre isolierende Funktion zuverlässig erfüllen kann. Das war ein wichtiger Meilenstein für den Erfolg unseres Forschungsprojekts“, freut sich Dr. Glatthaar.

Schub für eine günstigere Solarzellenproduktion

Die Forscher sind überzeugt: Sowohl Kupfer als auch Aluminium können als recycelbare Materialien die Photovoltaik-Produktion der Kreislaufwirtschaft ein gutes Stück näher bringen und dabei Umwelt- und Sozialstandards verbessern. Als nächster Schritt wurde vom Fraunhofer ISE ein Spin-off gegründet, das Anfang 2023 gemeinsam mit Industriepartnern eine Pilot-Produktionsanlage erstellen will.

Die Substitution von Silber durch Kupfer könnte der Solarzellenproduktion weiteren Schub verleihen. Denn Kupfer ist leichter verfügbar als Silber und hat kürzere Lieferketten. Zudem ist der Kupferpreis derzeit weniger abhängig von internationalen Rohstoffmärkten. Der Preis für eine Tonne Kupfer betrug im Juli 2022 bei durchschnittlich 7545 Dollar. Zum Vergleich: Im Mai 2021 mussten noch mehr als 10’000 Dollar pro Tonne Kupfer bezahlt werden.

Quellen: Techexplore.com / Fraunhofer ISE

Für Investoren: Medtech-und-Services-Sektor wird seinem Ruf gerecht

Die Sektorrotation in Value-Aktien scheint deutlich an Kraft zu verlieren und das Interesse an wachstumsstarken, innovativen, nichtzyklischen Aktien zu steigen. Das bringt Medtech-&-Services-Unternehmen (zurück) auf den Radar der Investoren.

Der Medtech-und-Services-Sektor wird für Investoren wieder interessanter. (Bild: Unsplash.com)

Die absehbare Zinsstabilisierung wirkt sich positiv auf die Aktienmärkte aus, die erste Anzeichen einer Erholung zeigen. Ende Juli schlossen die globalen Aktienmärkte (MSCI World Net +11.0%) deutlich im positiven Bereich und auch der Euro Stoxx 50 (+7.5%) sowie der deutsche Leitindex Dax (+5.5%) erholten sich etwas von den starken Kursrückschlägen der Vormonate. In diesem Umfeld konnte sich auch der Medizintechnik- und Gesundheitsdienstleistungssektor gut behaupten. Der Sektor gemessen am MSCI World Healthcare Equipment & Supplies wies eine Performance von 9.3% auf und konnte den breiten Gesundheitsmarkt MSCI World Healthcare Net (+6.2%) deutlich übertreffen. Die aktuelle Berichterstattung der Zweitquartalsergebnisse stimmt uns ebenfalls positiv. Boston Scientific, Stryker, Danaher oder Thermo Fisher, aber auch US-Krankenversicherer wie Molina oder Centene wiesen über den Erwartungen liegende Ergebnisse aus und wurden entsprechend mit steigenden Kursen belohnt. Aber auch Unternehmen, die die Erwartungen nicht ganz erfüllen konnten, wie Align, Intuitive Surgical oder Edwards Lifesciences, verzeichneten eine positive Kursentwicklung. Dies ist ein weiterer Indikator, dass die Investoren dank der besseren Informationslage den Risikoabschlag deutlich reduzierten, was die leicht tieferen Aussichten für das Gesamtjahr 2022 überkompensierte.

Umsatzwachstum trotz Rezession

Die grosse Verunsicherung der Anleger in Bezug auf eine Erholung der Behandlungszahlen nach der letzten Coronawelle ist verhaltenem Optimismus gewichen. Obwohl auch der Medizintechniksektor nicht komplett immun gegen Rezession, Inflation und Zinsveränderungen ist, haben die Kommentare der Unternehmen doch gezeigt, dass der Medizintechnik- und Gesundheitsdienstleistungssektor seinen Nimbus als sicherer Hafen in schwierigen Zeiten nicht verloren hat. Der Rückblick auf die letzte grosse Rezessionsphase 2008/09 zeigt, dass die grosse Mehrheit der Medtechunternehmen damals ein Umsatz- und Gewinnwachstum zeigte. Seitdem hat die Branche weiter an Reife gewonnen und ihren Charakter als einer der defensivsten Sektoren gefestigt. Die Medizintechnik zeichnet sich durch überdurchschnittliches Gewinnwachstum bei gleichzeitig niedriger Schwankungsanfälligkeit aus. Diese Stärken sind gerade in einem Marktumfeld besonders attraktiv, in dem die Investoren hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Gesamtwirtschaft unsicher sind.

Übernahmen und neue Produkte im Medtech-und-Services-Sektor

Wir erachten den weiteren Ausblick für das Börsenjahr 2022 im Medtech-und-Services-Sektor als attraktiv. In den wichtigsten Absatzmärkten dieser Branche (Nordamerika, Europa und Japan) sind Infektionen und Hospitalisierungen durch die Omikron-Variante rasch und signifikant zurückgegangen. Wir glauben, dass die breite Immunität eine signifikante Erholung der elektiven Eingriffe im Jahr 2022 und 2023 ermöglichen wird.

Das Risiko-Rendite-Profil des Sektors wird von vielen Investoren als vorteilhaft angesehen. Unabhängig von einer Normalisierung der Corona- und geopolitischen Situation lassen langfristige Wachstumsfaktoren, wie die steigende Lebenserwartung und die hohe Innovationskraft, den Medtech-und-Services-Sektor im Vergleich zur Gesamtwirtschaft schneller wachsen und die Gewinne überdurchschnittlich ansteigen. So liegt das langfristig durchschnittliche Gewinnwachstum je Aktie im MSCI Medtech & Services bei 12% und damit doppelt so hoch wie bei allen im MSCI World Index enthaltenen Unternehmen. Höhere Material- und Logistikkosten sind real, dürften aber von den gut geführten Unternehmen kompensiert werden. Zudem erwarten wir Zulassungen und Markteinführungen vieler relevanter Produkte für Diabetes und strukturelle Herzkrankheiten.

Die Bewertungsbasis des Sektors ist moderat und bietet nicht nur Chancen für Investoren. Wir erwarten auch verstärkte Übernahmeaktivitäten, da die Bewertungsmultiples vieler aufstrebender Wachstumsunternehmen deutlich zurückgingen. Der Bellevue Medtech & Services Fonds (ISIN B-EUR LU0415391431) investiert in den gesamten Gesundheitsmarkt ohne die Medikamentenhersteller. Einer der Gründe für den nachhaltigen Erfolg der Anlagestrategie ist, dass der Medtech-und-Services-Sektor zu den defensivsten Gesundheitssektoren mit zugleich nachhaltigem Outperformance-Potenzial gehört. Verbunden mit einem zusätzlichen Wachstumsschub, der durch die während der Coronakrise aufgeschobenen Behandlungen ermöglicht wird, ergibt sich daraus ein attraktiver Einstiegszeitpunkt für die Investoren.

Autor:
Marcel Fritsch trat 2008 der Bellevue Asset Management bei und ist Portfoliomanager des Bellevue Medtech & Services sowie des Bellevue Digital Health Fonds. Zuvor war er über 3 Jahre als Unternehmensberater bei Deloitte & Touche tätig. Zu seinem Aufgabengebiet gehörte die Erarbeitung von Unternehmensstrategien, die Überprüfung von Organisationsstrukturen sowie die Bewertung von Unternehmen im Vorfeld von Transaktionen. Marcel Fritsch studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen (HSG).
Weitere Informationen: Bellevue Asset Management AG 

Nachhaltigkeitsschulung mit Pioniercharakter

Die ZHAW School of Management and Law schult ab September alle Mitarbeitenden der Thurgauer Kantonalbank umfassend zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen. Ein Projekt in dieser Form und Grössenordnung ist in der Schweizer Bankenlandschaft eine Premiere.

Nachhaltigkeit erreicht immer mehr auch die Bankenlandschaft: Die Thurgauer Kantonalbank hat die ZHAW mit einer umfassenden Nachhaltigkeitsschulung beauftragt. (Bild: Unsplash.com)

Das Thema Nachhaltigkeit gehört seit vielen Jahren zum unternehmerischen Denken und Handeln vieler Schweizer Unternehmen. Bei der Ausbildung in diesem Thema nimmt die Thurgauer Kantonalbank eine Vorreiterrolle ein. Ab September werden die 800 Mitarbeitenden durch ein Expertenteam der ZHAW School of Management and Law ausgebildet. «In unterschiedlichem Umfang werden alle Mitarbeitenden – vom Lernenden bis hin zum Geschäftsleitungsmitglied – massgeschneidert mit verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen in Kontakt kommen», sagt Andreas Schweizer, Projektleiter und Dozent für Corporate Banking & Sustainable Financing an der ZHAW School of Management and Law.

Vorreiterrolle der TKB und ZHAW

«Uns ist keine andere Bank in der Schweiz bekannt, welche sich dem Wissensaufbau über Nachhaltigkeit in diesem Umfang annimmt und in dieser Breite ihre Mitarbeitenden ausbildet» sagt Schweizer. Zu diesem Zweck hat das Projektteam, bestehend aus Mitarbeitenden der Thurgauer Kantonalbank und der ZHAW School of Management and Law, ein massgeschneidertes Schulungskonzept entwickelt. In rund 1900 Schulungstagen wird sich die Belegschaft der Thurgauer Kantonalbank der herausfordernden Frage widmen, wie die Chancen einer nachhaltigen Wirtschaft im täglichen Kundenkontakt einen Mehrwert bieten können. 

Nachhaltigkeitsschulung bestehend aus Selbststudium und Präsenzunterricht

Die Schulungen sind so konzipiert, dass Wissen in mehreren Stufen und passend zur jeweiligen Funktion des Mitarbeitenden vermittelt wird. Zudem werden laut Andreas Schweizer verschiedene Lernformen wie insbesondere Selbststudium, virtuelle Live-Schulungen und Präsenzunterricht kombiniert. «Wir möchten den Teilnehmenden mit ortsunabhängigem Zugang zu Lerninhalten eine Flexibilität bieten, aber trotzdem auch in direktem Austausch den Dialog untereinander fördern».

Transformation verursacht Kosten

Gemäss der Schweizerischen Bankiervereinigung müssen für eine nachhaltige Transformation der Schweizer Wirtschaft bis 2050 über 387 Milliarden investiert werden. Diese Zahl wird jedoch durch die zusätzliche soziale Transformation noch weiter anwachsen. Diese hohe Summe an Investitionen müssen zu einem grossen Teil durch die Banken finanziert werden. Deshalb kommt ihnen dabei eine wichtige Rolle zu. «Es gibt viel Potential, aber auch sehr viele Risiken. Dabei handelt es sich unter anderem um nicht zukunftsfähige Geschäftsmodelle oder neue Technologien, welche sich dann nicht durchsetzen», konkretisiert Schweizer. «Vor diesem Hintergrund kommt dem Wissensaufbau in der Bankbranche eine grosse Bedeutung zu. Die Thurgauer Kantonalbank geht hier mit ihrem Schulungsprojekt einen grossen Schritt in die richtige Richtung». 

Quelle: ZHAW

LastPass: Sind Passwortmanager noch zu empfehlen?

Kürzlich wurde beim Passwortmanager-System LastPass eine Sicherheitslücke entdeckt. Dies führte zu vielen Fragen von besorgten Anwendern. Einige wichtige Fragen und Antworten haben wir hier zusammengefasst.

Trotz kürzlich entdeckter Sicherheitslücke bei einem weit verbreiteten Passwort-Manager sind solche Systeme für die Verwaltung von Passwörtern zu empfehlen. (Bild: Pixabay.com)

Letzte Woche meldete der bekannte und weit verbreitete Passwortmanager LastPass eine Sicherheitslücke. Wie das Unternehmen mitteilte, ereignete sich der Sicherheitsverstoss bereits zwei Wochen zuvor, als Angreifer in das System eindrangen, in dem LastPass den Quellcode seiner Software speichert. Von dort stahlen die Angreifer Teile des Quellcodes und einige proprietäre technische Informationen von LastPass. Die Cyberkriminellen durchwühlten den geschützten Quellcode und das geistige Eigentum des Unternehmens, kamen aber offenbar nicht an Kunden- oder Mitarbeiterdaten heran. Dies hat nun zu Fragen besorgter Anwender geführt: Sind Passwortmanager noch sinnvoll? Experten des IT-Security-Dienstleisters Sophos nehmen wie folgt Stellung:

Wenn ich LastPass verwende, sollte ich dann alle meine Passwörter ändern?

Anwender können natürlich einige oder alle ihrer Passwörter ändern, wenn sie das möchten. Dem Vernehmen nach hat dieser Sicherheitsvorfall jedoch nichts damit zu tun, dass die Cyberkriminellen an persönlichen Daten gelangt sind, schon gar nicht an Passwörter, die ohnehin nicht in verwertbarer Form auf den Servern von LastPass gespeichert sind.

Sollte ich als LastPass-Anwender zu einer anderen Lösung wechseln?

Fakt ist laut LastPass, dass weder persönliche noch passwortbezogene Daten (verschlüsselt oder anderweitig) gestohlen wurden, sondern nur Quellcode und geschützte Informationen des Unternehmens selbst. Die Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens im Bereich der Cybersicherheit sollte darauf beruhen, wie es beim Auftreten eines Fehlers oder einer Sicherheitslücke reagiert, insbesondere wenn der Fehler des Unternehmens die Anwender nicht direkt und unmittelbar gefährdet hat. Es ist empfehlenswert, den LastPass-Vorfallbericht und die FAQ zu lesen und auf dieser Grundlage über das weitere Vertrauen zu entscheiden.

Bedeutet gestohlener Quellcode nicht, dass es zwangsläufig zu Hacks und Exploits kommt?

Quellcode ist viel leichter zu lesen und zu verstehen als ein kompiliertes, „binäres“ Äquivalent, insbesondere wenn er gut kommentiert ist und aussagekräftige Namen für Dinge wie Variablen und Funktionen innerhalb der Software verwendet. Mit anderen Worten, dieses Quellcode-Leck könnte potenziellen Angreifern ein wenig helfen, aber erstens mit ziemlicher Sicherheit nicht so sehr, wie man zunächst denken könnte, und zweitens nicht in dem Maße, dass neue Angriffe möglich werden, die ohne den Quellcode niemals hätten herausgefunden werden können.

Sollte ich auf Passwort-Manager ganz verzichtet?

Grundsätzliche Bedenken wären berechtigt, wenn Passwortmanager exakte Kopien aller Passwörter auf ihren eigenen Servern speichern würden, wo sie von Angreifern ausgelesen oder von den Strafverfolgungsbehörden abgefragt werden könnten. Aber kein vernünftiger Cloud-basierter Passwort-Manager funktioniert auf diese Weise.

Warum sollte ich einen Passwort-Manager nutzen?

  • Ein guter Passwortmanager vereinfacht die Verwendung von Passwörtern. Er löst das Problem, sich Dutzende oder vielleicht sogar Hunderte von Passwörtern zu wählen und zu merken – optional verstärkt durch 2FA.
  • Ein guter Passwort-Manager lässt dasselbe Passwort nicht zweimal zu. Denn wenn Cyberkriminelle ein Passwort herausfinden, beispielsweise durch die Kompromittierung einer Website, nutzen sie dieses oder ähnliche Passwörter, um den Zugang auf andere Konten zu versuchen.
  • Ein guter Passwort-Manager kann Hunderte oder sogar Tausende von langen, pseudozufälligen, komplexen und völlig unterschiedlichen Passwörtern generieren und speichern.
  • Ein guter Passwort-Manager wird nicht zulassen, dass das richtige Passwort auf der falschen Seite eingeben wird. Dies schützt Anwender beispielsweise vor Phishing.

Hinweis der Redaktion: Ein detaillierter Blog-Beitrag vom Security-Experten Paul Ducklin von Sophos mit ausführlichen Antworten auf die Fragen ist auf Sophos Naked Security zu finden.

Geopolitik: Schweizer Unternehmen sind gefordert

Politische oder militärische Krisen, Handelsstreitigkeiten, Rohstoffkonflikte oder der Klimawandel: Geopolitische Entwicklungen sind für die Geschäftstätigkeit der meisten Schweizer Unternehmen zentral. Trotzdem ergreifen nur wenige Verwaltungsräte umfassende Massnahmen, um die Risiken zu erfassen und Szenarien zu erarbeiten.

Geopolitik: Schweizer Unternehmen schätzen die aktuellen geopolitischen Risiken als hoch ein. (Bild: Unsplash.com)

In der Geopolitik zeigen sich dramatische Veränderungen: Der Krieg in der Ukraine hat globale Folgen, die Rivalität zwischen China und den USA spitzt sich zu und die Rolle der Schweiz in Europa bleibt weiterhin ungeklärt. Auch die restriktiven Corona-Massnahmen in einzelnen Regionen Asiens und die weltweit hohe Inflation haben geopolitische Risiken verstärkt ins Blickfeld gerückt. Dies alles beschäftigt auch Schweizer Verwaltungsräte. Dennoch werden nur von wenigen auch konkrete Massnahmen ergriffen, wie der jüngste swissVR Monitor, erhoben von der Verwaltungsratsvereinigung swissVR, dem Beratungsunternehmen Deloitte und der Hochschule Luzern, festhält.

VR-Gremien rechnen mit hohen geopolitischen Risiken

Geopolitik ist für die exportorientierte Schweizer Wirtschaft grundsätzlich relevant. Denn viele Firmen sind von der Entwicklung in internationalen Märkten abhängig. Die aktuellen Unsicherheiten verstärken die hohe Bedeutung tendenziell noch: 59 Prozent der befragten VR-Mitglieder schätzen die geopolitischen Risiken für das eigene Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten als hoch oder sogar sehr hoch ein (siehe Grafik). Gleichzeitig trüben sich die Wirtschaftsaussichten ein: Rund ein Drittel der 420 Befragten rechnet für das kommende Jahr mit einer negativen Konjunkturentwicklung.

So schätzen Schweizer Verwaltungsräte die geopolitischen Risiken für ihr Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten ein. (Grafik: Deloitte)

Geopolitik: Keine Überreaktionen in Verwaltungsräten

Die grosse Mehrheit (93%) gibt an, dass ihr VR-Gremium grundsätzlich Massnahmen in Bezug auf geopolitische Risiken ergreift. Gut zwei Drittel der Verwaltungsräte (69%) diskutieren geopolitische Entwicklungen regelmässig und mehr als ein Drittel führt Szenarioanalysen durch (39%) oder nimmt Strategieanpassungen (35%) vor. Der Umstand, dass im Schnitt pro VR-Gremium lediglich zwei Massnahmen ergriffen werden, zeigt, dass viele Verwaltungsräte zwar wachsam sind und die geopolitischen Risiken im Auge behalten, jedoch angesichts der unsicheren Entwicklung nicht überreagieren bzw. die Planung von Massnahmen der Geschäftsleitung überlassen. «Wir erleben eine Zeitenwende – nicht nur in der Politik, sondern auch bei den Unternehmen. Die veränderten geopolitischen Realitäten erfordern in den Führungsetagen vieler Schweizer Unternehmen ein Umdenken. Die Politik muss bei strategischen Entscheidungen als neue zentrale Dimension zwingend mitberücksichtigt werden», sagt Reto Savoia, CEO Deloitte Schweiz.

Entwicklungen in der Geopolitik als Herausforderung und Chance

Beinahe alle Unternehmen (98%) stehen angesichts der aktuellen geopolitischen Entwicklungen vor Herausforderungen: Am häufigsten genannt werden die Verfügbarkeit und die Kosten von Rohstoffen und Energie (50%) sowie der Unterbruch von Lieferketten (48%). Hingegen sehen drei Viertel der befragten VR-Mitglieder (77%) auch Chancen in geopolitischen Entwicklungen. Darunter fallen hauptsächlich Produkt- und Dienstleistungsinnovationen (34%) sowie eine höhere Kosten- und Prozesseffizienz (30%).

Die zunehmenden Herausforderungen auf den globalen Märkten erfordern grösseres Engagement hinsichtlich geopolitischer Risiken. Christoph Lengwiler, Dozent an der Hochschule Luzern, mahnt jedoch, nicht in Aktionismus zu verfallen: «In Krisensituationen besteht die Gefahr, dass im Verwaltungsrat operative Hektik entsteht. Die strategische Steuerung sollte jedoch stets Priorität haben. Der VR muss in Szenarien denken, Handlungsoptionen evaluieren und Impulse geben. Konkrete Massnahmen sollen dann durch die Geschäftsleitung eingeleitet werden.»

Hälfte der Unternehmen vom Ukraine-Krieg direkt betroffen

Trotz regelmässigem Austausch über geopolitische Entwicklungen wurden sieben von zehn Verwaltungsräten (71%) vom Ausbruch des Kriegs in der Ukraine und dessen umfassenden wirtschaftlichen Folgen überrascht. Lediglich knapp ein Fünftel der befragten VR-Mitglieder (19%) gibt an, dass geopolitische Risiken in Osteuropa und im Zusammenhang mit Russland bei Risikoeinschätzungen im eigenen Verwaltungsrat in den letzten Jahren thematisiert wurden. Direkt vom diesjährigen Angriff Russlands auf die Ukraine betroffen ist laut Befragung rund die Hälfte der Unternehmen (48%).
Der Krieg in der Ukraine zwang zahlreiche Unternehmen dazu, Position zu beziehen. Das dürfte künftig vermehrt nötig sein: «Unternehmen werden künftig verstärkt damit konfrontiert sein, sich positionieren zu müssen. Um eine Entscheidung für oder gegen einen Markt treffen zu können, sind tiefgreifende Analysen und strategische Entscheide durch den Verwaltungsrat notwendig», ist Cornelia Ritz Bossicard, Präsidentin swissVR, überzeugt.

Quellen: swissVR / Deloitte AG / Hochschule Luzern