Hannes zwischen Kosten und Gaumenfreuden

Die intensivierten Marketing- und Akquise-Anstrengungen in Hannes’ Unternehmen tragen erste Früchte. Nicht, dass sich die Auftragslage spürbar verbessert hätte oder die Umsatzzahlen durch die Decke schies￾sen würden. Es ist das Interesse von potenziellen Kunden, das zugenom￾men hat.

Hannes zwischen Kosten und Gaumenfreuden

 

 

 

Das meldet einerseits der emsige IT-Chef aufgrund der Monito￾ring-Studien über die Klicks des animativen Firmenvideos auf Youtube. Von 15 Klicks in den vergangenen vier Wochen steigerte sich die Be￾suchsrate im laufenden Monat, der erst zur Hälfte durch ist, auf uner￾klärliche, aber sagenhafte 258 Klicks, wovon rund 240 der IP-Adressen aus ostrussischem und chinesischem Gebiet stammen. «Alles high￾potentials», posaunt der Chef. Andererseits – und das ist doch eine veritable Grösse – erfreuen sich die organisierten Firmenbesichtigungen mit anschliessendem Umtrunk und Häppchen massivster Beliebtheit.

Die Weinauswahl Organisatorisch
laufen diese Besichtigungen bis anhin «by the way». Wer einlädt, organisiert. Organisiert heisst: Der schmiert Brötchen in Heim￾oder Kinderarbeit und beschafft sich Wein und Nichtalkoholisches im Rahmen der sich selbst schrumpfenden Budgets im landläufigen Gross￾markt. «Hauptsache Alkohol» steht bei der Weinauswahl vor «vollmun￾dig-fruchtiger Gaumen mit langanhaltend-erdigem Abgang».

 

Gestern Abend war wieder solch ein Anlass. Ein Bereich aus Han￾nes’ Produktionsabteilung organisierte für Gäste und potenzielle Kun￾den eine Besichtigung mit anschliessendem Stehumtrunk. Der CEO ist noch im Büro, sieht die Gruppe, gesellt sich dazu. Schliesslich ist es «sein» Unternehmen und etwas Networking kann nie schaden.

 

Grundsätzlich ist der Chef bereits leicht säuerlich, weil er von der Besichtigung nichts wusste. Die Weinauswahl katapultiert seine Stim￾mung dann vollends in den Keller. Als Besitzer eines eigenen, privaten Kleinstweingutes in der Toscana weiss er einen feinen Tropfen zu schät￾zen. Er erkundigt sich noch während des Anlasses beim verantwortli chen Bereichsleiter, wer solch «essigähnliches Altöl» überhaupt einkau￾fe. Der düpierte Bereichsleiter meint lakonisch, «wo kein Budget, da kein fruchtiger Abgang», und überhaupt: «Irgendwo im Keller hätte es besse￾ren Wein gehabt, aber niemand hier hat einen Schlüssel dazu.»

 

Jetzt eskaliert die Situation definitiv. Dagegen waren die selbstver￾schuldeten Produktionsausfälle und über fünf Prozent Ausschuss bei der Lieferung an den letzten Grosskunden «peanuts» und mit «Das kann’s ja mal geben» schneller abgetan. Aber das hier, ein billiger Wein für gute Kunden und ein Keller ohne Schlüssel – nein, das ist dem Chef zu viel.

Der Verantwortliche
Der CEO zitiert Hannes in sein Büro. Dieser weist die Verantwortung von sich. Er sei schliesslich nicht für das leibliche Wohl der Kunden ver￾antwortlich, sondern für die Qualität seiner Produkte in der Fabrikation. Hier müsse die Chefin des Personalrestaurants her, die für das leibliche Wohl auch von Amtes wegen zuständig sei.

 

Auf der anderen Seite liegt die Verantwortung aber auch beim einla￾denden Bereichsleiter. Er hätte die Möglichkeit gehabt, den Wein vorher mit Nase und Gaumen zu begutachten. Aber dafür hat man ja keine Zeit.

 

Der CEO und Hannes stellen sich zusammen an den Flipchart und zeichnen die Zuständigkeitslinien – beide jeweils mit dem klaren Ziel im Hinterkopf, dass am Schluss der Linie nicht der eigene Name steht. Nach ungefähr einer Stunde Diskussion stellt Hannes einen Antrag. Man solle doch diese Verpflegung nach den Betriebsbesichtigungen einmal grund￾sätzlich regeln und diesen Auftrag in das Organigramm setzen. Sie holen das Organigramm und verlieren sich wiederum in den Wirrungen der Unterstellungs- und Matrixlinien.

 

Langer Rede kurzer Sinn – Hannes ist ein Manager und fällt Ent￾scheide. Er formuliert offiziell den Antrag, dass man diesen Job der Leite￾rin der Arbeitszeitkontrolle im HR überträgt. Die Begründung: Sie ist als eine der wenigen in der Lage, feinste mathematische Formeln zu kreie￾ren und vor allem zu überwachen. Hier geht es zwar nicht um unter￾schrittene Arbeitszeit- und überdehnte Projektkostenstellen bis zu drei Stellen hinter dem Komma. Es geht hier darum, die europäische Verord￾nung über Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz zu überwachen. Diese schreibt vor, dass mindestens 18 Prozent der angebotenen Menge an Ge￾tränken in klar deklarierten nicht alkoholischen Tranksamen aufge￾tischt werden müssen. Und das kann bei einer ungeraden Menge an Weinflaschen durchaus bis zur dritten Stelle hinter dem Komma eine Relevanz haben.

 

Die beiden Herren öffnen jetzt getrost einen Wein aus dem priva￾ten Kühlschrank des CEO und belohnen sich für ihre Entscheidungs￾freudigkeit in Form eines edlen Rebensafts aus der Toscana…

Wertgenerierende Komponenten von Geschäftsmodell und User Journey

Für die Beurteilung des Stellenwertes von Qualitätssicherung und Instandhaltung ist es relevant, deren Stellenwert im Geschäftsmodell, ihren Einfluss auf den Business Value und auf die Kundenerlebniskette zu verstehen und zu bewerten. Damit wird die Grundlage geschaffen, um Qualitätssicherung und Instandhaltung als wert￾generierenden Faktor in Geschäftsmodellen zu etablieren.

Wertgenerierende  Komponenten von  Geschäftsmodell  und User Journey

 

 

Garantierte, definierte Qualität ist bei vielen Produkten und Dienstleistungen eine grund￾legende Anforderung seitens Kunden und Nutzern. Qualitätssicherungsstrategien, wel￾che die Qualität in Entwicklung, Produktion, aber auch im Betrieb sicherstellen, erhalten daher vermehrt eine strategische Bedeutung. Dabei ist es für Unternehmen entscheidend, insbesondere dort genügend in Qualität zu investieren, wo eine potenzielle Nichterfül￾lung der Kunden- und Nutzerbedürfnisse den grössten negativen Impact hätte oder – positiv formuliert – wo mit der Sicherstellung von Qualität entlang der Kundenerlebnis￾kette der grösste positive Wert geschaffen werden kann.

 

Qualitätssicherung bei physischen Produkten und Dienstleistungen Daher spielt die Qualitätssicherung sowohl bei rein physischen Produkten, wie beispiels￾weise einem Getriebe, als auch bei reinen Dienstleistungen, wie der Leistung eines Be￾treibers im öffentlichen Verkehr, eine zentra￾le Rolle.

 

Bei physischen Produkten muss die Qua￾lität typischerweise vor der Auslieferung an den Kunden sichergestellt werden. Einmal ausgeliefert, sinken die Einflussmöglichkeiten auf die Qualität. Diese lässt sich während der Nutzungszeit nur noch dadurch aufrechterhal￾ten, wenn geeignete nachgelagerte Massnah￾men der Instandhaltung durchgeführt werden.

 

Bei Dienstleistungen steht die Qualität des bezogenen Services und damit direkt das Kundenerlebnis im Zentrum. Dienstleis￾tungsqualität bedeutet die Erfüllung eines gewissen Grades der Kundenerwartungen mittels zumeist intangiblen Leistungen. Da￾bei kann die Qualität anhand dreier Dimensi￾onen beurteilt werden:

 

  1.  Anhand der Leistungspotenziale des An￾bieters wie seiner sachlichen, organisato￾rischen oder persönlichen Fähigkeiten
  2. Anhand des eigentlichen Erstellungspro￾zesses bzw. der dabei relevanten Quali￾tätsmerkmale (wie beispielsweise Ge￾schwindigkeit oder Präzision)
  3. Anhand des Ergebnisses nach Abschluss der Dienstleistungserstellung

 

Diese drei Dimensionen – Potenzial, Prozess und Ergebnis – zeigen, dass die Dienstleis￾tungsqualität einen unmittelbaren Bezug auf die individuelle Erwartungshaltung des je￾weiligen Kunden hat. Daher machen Quali￾tätsbemühungen insbesondere da Sinn, wo der Business Value entlang der User Journey maximiert werden kann.

Qualitätssicherung bei hybriden Produkten
In fast allen Branchen sind mit zunehmender Häufigkeit Bündel an Sach- und Dienstleis￾tungen anzutreffen: Bei Produkt-Service￾Kombinationen werden physische Produkte um einen fest integrierten Dienstleistungsbe￾standteil ergänzt. Damit kann der Kunden￾nutzen durch die umfassendere Lösung des Kundenproblems maximiert werden (Servi￾tization). Mit dem Leasing eines Autos sind beispielsweise häufig neben der eigentlichen Nutzung des Fahrzeuges weitere immateriel￾le Leistungen wie Services und Versicherun￾gen eingeschlossen. Die Ergänzung des physi￾schen Produktes um Dienstleistungen integ￾riert somit die Dimensionen der Dienstleis￾tungsqualität in das physische Produkt. Auf diese Weise wird die vom Kunden wahrge￾nommene Qualität und der Nutzen über den Nutzungszyklus des Autos optimiert.

 

Noch einen Schritt weiter gehen hybri￾de Produkte. Diese ergänzen Produkt-Ser￾vice-Kombinationen um IT-Komponenten. IT-Soft- und Hardware sind gewissermassen der Klebstoff, welche das physische Produkt mit den Dienstleistungen komplementär ver￾bindet. Der kundenindividuelle Mehrwert im Sinne von Servitization lässt sich in vielen Fällen erst mit IT effektiv erreichen: Statt lo￾kal und analog kann global und digital auf das Produkt und das Kundenerlebnis Einfluss ge￾nommen werden.

 

In Bezug auf die Qualitätssicherung bieten hybride Produkte bzw. deren IT-Kom￾ponenten die Möglichkeit, die Qualität wäh rend der Nutzung punktuell, sequenziell oder durchgängig zu mes￾sen und allenfalls Massnahmen zu deren Sicherung einzuleiten. Da￾mit wird Qualität und Instandhaltung inhärenter Bestandteil des Wertangebotes eines Produktes.

Qualitätssicherung und Instandhaltung in klassischen Geschäftsmodellen
Mit einer digitalen Komponente und abgestimmten Dienstleistun￾gen lassen sich physische Produkte zu hybriden Produkten transfor￾mieren. Sensorik, Konnektivität und softwareseitige Auswertung sind Voraussetzungen für Geschäftsmodelle, in welchen die Quali￾tätssicherung einen zentralen und wertgenerierenden Anteil haben soll.

 

Klassischerweise werden Instandhaltungsstrategien – als Bün￾del der nachgelagerten Qualitätssicherungsmassnahmen – der Di￾mension «Wertschöpfungskette» eines Geschäftsmodelles zugeord￾net. Die Wertschöpfungskette bezeichnet jene Aktivitäten, Ressour￾cen und Fähigkeiten, die notwendig sind, um ein Produkt oder eine Dienstleistung herzustellen und zu warten.

 

Neben Produktivitätssteigerungen und Kostenoptimierungen in dieser Dimension, beispielsweise aufgrund eines effektiveren und effizienteren Einsatzes von Anlagen, Fahrzeugen oder Personal, eröff￾nen sich aus der Wertschöpfungskette auch direkte Umsatzpotenziale in Zusammenhang mit quantitativen Angebotserweiterungen auf￾grund erhöhter Verfügbarkeit.

Instandhaltung als wertgenerierendes Kernelement von Geschäftsmodellen
Neben diesen grundlegenden Effekten kann Qualitätssicherung und Instandhaltung die Voraussetzungen für innovative Geschäfts￾modelle mit weitergehenden Nutzenversprechen und Ertragsme￾chaniken schaffen: Geschäftsmodelle, welche die tatsächliche Nut￾zung des Produktes («pay per use»/«usage based»), die tatsächlich erbrachte Leistung des Produktes («performance-based») oder die tatsächliche Verfügbarkeit des Produktes («guaranteed availability») im Fokus haben.

 

In diesen Geschäftsmodellen ist Qualitätssicherung und In￾standhaltung kein Randthema, sondern fester Bestandteil und Vor￾aussetzung für Umsetzbarkeit und Kundenakzeptanz. Instandhal￾tung sorgt dafür, dass die drei Dimensionen von Dienstleistungsqua￾lität – Potenzial, Prozess und Ergebnis – eine positive Auswirkung auf die Kompetenzvermutung des Kunden respektive das Kompetenz￾versprechen des Anbieters haben. Investitionsentscheide in bestimm te Instandhaltungsarten lassen sich damit anhand des potenziellen
Business-Values entlang der User Journey begründen.

Vorausschauende Instandhaltung und das Internet der Dinge
Mit seiner Eigenschaft, physische Dinge in die digitale Welt zu integ￾rieren und deren «Leistungen» zu maximieren, spielt das Internet der Dinge (IoT) für Geschäftsmodelle eine zentrale Rolle, welche auf der effektiven Nutzung, Leistung oder Verfügbarkeit von Produkten beru￾hen. Auch Predictive Maintenance als «Königsdiziplin der Instandhal￾tung» lässt sich erst mit der Bestückung oder Überwachung von phy￾sischen Dingen mit Sensoren sowie dem Einsatz von Konnektivität mit Software und digitalen Services in der Breite realisieren.

 

Jedoch gilt es, bei der Planung der nachgelagerten Qualitäts￾sicherung das Kosten-Nutzen-Verhältnis von vorausschauender War￾tung mit der reaktiven, der zeit-, nutzungs- oder zustandsabhängigen Instandhaltung zu vergleichen und zu bewerten. Investitionen in einen jeweils höheren Reifegrad der Instandhaltung lohnen sich nur, wenn die Qualitätssicherung in Bezug auf das Geschäftsmodell und die Sicherstel￾lung eines besseren Kundenerlebnisses genügend Wert generiert.

 

Für den Entscheid des richtigen Instandhaltungsmixes spielen also neben technologischen Überlegungen insbesondere die Einbet￾tung der Instandhaltung in das Geschäftsmodell und den unterstüt￾zenden Beitrag auf das Nutzenangebot und die Gewährleistung der Kundenerlebniskette eine zentrale Rolle.

Resiliente Systeme und Organisationen

Die Überlebensfähigkeit von lebenden Systemen hängt an ihrer Resilienz, an ihrer Fähigkeit, Widrigkeiten und Widerstände zu überwinden und sich von Rückschlägen erholen zu können. Resilienz kann man dabei auf verschiedenen Ebenen beobachten: individuell, ökologisch oder organisatorisch. Letzteres soll hier auf dem Systemlevel der Organisation beschrieben und modelliert werden.

Resiliente Systeme und Organisationen

 

 

 

Auf Ebene des Individuums lässt sich ganz besonders konkret machen, worum es geht. Individuelle Resilienz ist die Fähigkeit, Rück￾schläge produktiv überwinden zu können. Resiliente Personen machen aus einer Krise eine Chance! Diese Fähigkeit ist manchen ge￾geben, fällt aber nicht vom Himmel.

Individuelle Resilienz
Man kann individuelle Resilienz – oder bes￾ser gesagt das «Fähigkeitenbündel» – lernen und trainieren. Die folgenden Aspekte gehö- ren dazu:

 

  • Emotionale Regulierung und Impulskontrolle:
    Die Fähigkeit, mit Emotionen intelligent um￾zugehen und Impulse in gelenkte Bahnen lei￾ten zu können.
  • Ursachenanalyse: Die Fähigkeit, Ursache-Wirkungs-Beziehun￾gen kritisch analysieren und bewerten zu kön￾nen.
  • Selbstwirksamkeit: Die Fähigkeit und Grundhaltung, selber die eigenen Geschicke zu leiten und nicht den Ent￾scheidungen anderer machtlos ausgeliefert zu sein.
  • Empathie: Die Fähigkeit, die Perspektiven anderer ein￾nehmen, sich einfühlen und somit auf Ge￾fühlsebene koordinieren zu können.
  • Netzwerk: Die Fähigkeit, ein weiter gespanntes soziales Netz erkennen und pflegen zu können.
  • Optimismus: Die Fähigkeit, der Zukunft positive Entwick￾lungstendenzen überzeugend abgewinnen zu können.

 

Die Summe dieser Fähigkeiten kann in gestei￾gerter individueller Resilienz resultieren, sie sind also eine notwendige Vorbedingung da￾für, Krisen in Chancen verwandeln zu kön￾nen. Ein systematisches Training bieten Psy￾chologinnen und Psychologen an. Doch da￾mit ist auf Ebene des Systems Organisation noch nicht viel erreicht.

Organisationale Resilienz
Auf der überlagerten Ebene der Organisation oder Unternehmung geht es weniger um in￾dividuelle, sondern um Systemresilienz. Or￾ganisationale Resilienz umfasst die Fähigkei￾ten zum Absorbieren von Belastungen und Sicherstellen des Funktionierens angesichts gegenwärtiger Widrigkeiten sowie zur Erho￾lung von negativen Ereignissen, und zwar be￾vor die Situation nicht mehr kontrollierbar ist (gemäss Kathleen Sutcliffe oder auch Lisa Vä- linkangas). Hier geht es also um Selbstorgani￾sation, Lernen und Anpassung des Systems. Gemeinhin gilt mittlerweile als gesichert, dass hier die folgenden Aspekte abgedeckt sein müssen:

 

  • Diversität: Organisationen steigern ihre Resilienz, indem sie die Anzahl unterschiedlicher Perspektiven, Meinungen, Ansichten im Inneren erhöhen. Dies kann durch ein «Diversity Management» erreicht werden, das darauf abzielt, in der Or￾ganisation unterschiedliche Geschlechter, Spra￾chen, Nationalitäten, Kulturen, Professionen etc. in eine produktive Verbindung zu setzen.
  • Kreativität: Resiliente Organisationen machen aus wenig viel, sie nutzen Ressourcenknappheit für Inno￾vationen. In der Unternehmung können bei￾spielsweise Kreativitätstechniken, ein syste￾matisches Innovationsmanagement oder Intrapreneurship-Programme zur Anwen￾dung gelangen, um dies aufzubauen.
  • Robustheit: Organisationen sind robust gestaltet, wenn es ihnen gelingt, in Turbulenzen im Tun zu blei￾ben anstatt zu erstarren. In der Unterneh￾mung können die Funktionen Risikomanage￾ment, Krisen- und Kontinuitätsmanagement, Umwelt- und Gesundheitsmanagement sowie Compliance Management in diese Richtung wirken. Ohne ein klares strategisches Ma￾nagement ist Robustheit nicht zu erreichen.
  • Antizipation: Resiliente Organisationen hören auf leise Sig￾nale, die Veränderungen ankündigen. Hier sind innerhalb der Organisation alle Funktio￾nen zur Früherkennung von Markt- und Um￾weltentwicklungen gefragt, also neben der Strategie- und Unternehmensentwicklung auch beispielsweise das betriebliche Gesund￾heitsmanagement oder die Arbeitssicherheit.
  • Ausdauer: Die Kultur resilienter Organisationen ist durch Beharrlichkeit, Zähigkeit und Leidens￾fähigkeit gekennzeichnet. In der Organisation wird dies gefördert, wenn produktive Beharr￾lichkeit belohnt wird, Instrumente zur Perso￾nalbindung entwickelt sind und die Fähigkeit zur Langfristplanung vorhanden ist und ge￾braucht wird.

 

«Eine resiliente Organisation benötigt ein System und entsprechend gerüstete Individuen.»

 

Bis zu diesem Punkt kann man festhalten, dass eine resiliente Organisation wohl beides benötigt: Ein resilientes System und entspre￾chend gerüstete Individuen. Während man auf psychologische Instrumente für die indi￾viduelle Ebene zurückgreifen kann, ist dies auf der organisatorischen Ebene schon schwieriger.

Instrumente zum Managen von Organisationaler Resilienz
Als Managementansatz bietet sich die ISO￾Norm 22316 an, die in die grundsätzlichen Begriffe und Techniken einführt. Organisa￾tionale Resilienz wird hier anhand von neun Themen behandelt und mit einer Anleitung zum systematischen Management versehen. Leider bleibt die Norm als konkretes Manage￾ment-Tool viel zu abstrakt.

 

Als Benchmarking-Tool kann aber ein entwickeltes Fragebogen-Tool der Universität Auckland dienen. Hier werden die Aspekte «Führung & Kultur», «Wandelbereitschaft» und «Netzwerke» der Organisation anhand von ca. 80 Frageitems untersucht. Führt man diese Umfrage unter allen Entscheidungsträ- gern der Organisation durch, so erhält man ein Gesamtbild, welches zur weiteren strategi￾schen Steuerung der Organisation dienen kann.

Bruchstellen der Systemresilienz erkennen und behandeln
Zur exakten Ereignisanalyse bestehen eben￾falls bestimmte Techniken oder Methoden der Prozess- und Unfallanalyse (z.B. per Ishikawa-Diagramm oder anhand von James Reason’s «Swiss Cheese Model»). Besonders hervorzuheben ist die «Funktionale Reso￾nanzanalysemethode» (FRAM, nach Holl￾nagel 2012), in die Schritte eines Prozesses in Sechsecken abgebildet und untereinander vernetzt werden. Es ergibt sich ein Modell ei￾nes Prozesses, wobei die Massgabe ist, den Prozess so abzubilden, wie die Arbeit wirk￾lich abgewickelt wird, und nicht, wie sie sich jemand anders idealtypisch vorgestellt hat. Als Beispiel kann hier ein Zugunglück aus dem Jahr 2016 dienen.

 

Am 9. Februar 2016 kollidieren zwei Nahverkehrszüge frontal auf eingleisiger Strecke im morgendlichen Pendlerverkehr nahe der bayrischen Ortschaft Bad Aibling. Das Unglück fordert zwölf Menschenleben und rund 89 Verletzte. Ursächlich für die Ka￾tastrophe war das Verhalten des verantwort￾lichen Fahrdienstleiters, der durch ein Han￾dy-Computerspiel abgelenkt war und da￾durch eine Fehlerkette auslöste. In einer for￾malen Prozessbeschreibung käme diese Ent￾wicklung nie vor.

 

Ein FRAM jedoch ist in der Lage, eine solche Entwicklung abzubilden und es letztlich möglich zu machen, an der Systemresilienz zu arbeiten. Exemplarisch ist dies im Modell (siehe Abbildung 1, aus Meissner & Hunziker, 2017) festgehalten. Das Modell zeigt die wesentlich zu leis￾tenden Prozesse zum sicheren Bahnbetrieb. Nun kann es herangezogen werden, um die sich gegenseitig begünstigenden Fehlent￾wicklungen zu identifizieren und in Mass￾nahmen die Gesamtresilienz zu erhöhen.

Schlussfolgerungen
In diesem Beitrag ist deutlich geworden, dass zur Steigerung der Systemresilienz zumin￾dest zwei Ebenen gleichermassen berück￾sichtigt werden müssen: die individuelle und die organisatorische. Auf beiden Ebenen ste￾hen gewisse Instrumente zur Verfügung, wo￾bei sich dies im Fall der organisationalen Re￾silienz noch weiterentwickeln muss. Die ISO￾Norm reicht dazu nicht aus. Die Systemresi￾lienz kann systematisch gesteigert werden, wenn die verschiedenen Aktivitäten eines Zusammenhangs modelliert und analysiert werden. Hier bietet sich die Funktionale Resonanzanalysemethode als geeignetes Ins￾trument an.

Therapie-Apps mit Nebenwirkungen?

Es heisst, Gesundheits-Apps verlieren nach wenigen Wochen zwei Drittel ihrer Nutzer. Dies zeigt die «EPatient-Survey», eine jährliche Online-Erhebung. Allerdings informieren sich – wie weitere Ergebnisse aufzeigen – nicht alle Nutzer gleich über App-Empfehlungen. Die Anwender bedienen sich qualitativ unterschiedlicher Health- und Beratungs-Programme.

Therapie-Apps mit Nebenwirkungen?

 

 

Die Forschungs- und Beratungsfirma EPatient RSD in Berlin coacht Versicherungen und Kliniken aus dem deutschsprachigen Raum. Bereits 2017 wiesen die EPatient-Analysten auf eine Divergenz in der Nutzung von Health-Apps hin: Weniger als einer von drei Gesundheits-App-Nutzern verwendete seine App noch nach ein paar Wochen (Quelle: EPatient-Survey 2017). Anderseits greift eine Mehrheit von privaten Nutzer und Nutzerinnen auf unstandardisierte Apps für Medikationen, Verhütungs- oder Diätprogramme zurück.

 

Wird es in Zukunft möglicherweise eine noch grössere qualitative Schere im mHealthBereich geben? Es kursieren Health-Apps en masse. Im Trend seien insbesondere Apps zu Themen der Prävention, Diagnose und Therapie. Am stärksten verbreiten sich laut der neusten «EPatient-Survey» vom 7. Mai 2018 «Coaching-Apps». Weiter befragte die Firma Umfrageteilnehmer zur Zahlungsbereitschaft für digital genutzte Gesundheitsdienste. Offensichtlich haben die Nutzer nicht viel dafür übrig, entsprechende Health-App-Leistungen zu bezahlen.

 

Die Bereitschaft, Apps zu abonnieren, nehme immerhin auf geringem Niveau leicht zu, so das Ergebnis. Andererseits weisen viele Health-Apps hin und wieder Update-Kinderkrankheiten auf, was die allgemeingültige Akzeptanz respektive Unterscheidung von Konsumenten- und Beratungs-Apps erheblich schmälert.

Markt und Standardisierung
Viele Patienten werden noch vom Gesundheitssystem in der Online-Welt alleine gelassen. Kurz vor der Einführung des elektronischen Patientendossiers in der Schweiz (siehe S. 21) und im Kontext von regionalen App-Anbietern im Versicherungswesen stellt sich die entscheidende Frage, ob überhaupt MedTech-Normen mit der allzu agilen Entwicklung des IT-Markts einhergehen.

 

Grundsätzlich initiieren die Versicherungen «Sprechstunden» auf mobilen Endgeräten, doch Herr und Frau Schweizer vertrauen den digitalen Gesundheitsstützen nicht zu jedem Preis. Ärzte, Kliniken und Krankenkassen konnten den einstigen Vertrauensvorsprung, den sie noch vor Apple und Google hatten, kaum (noch) ausnutzen, ausser, sie werben für ihre Produkte mit Gesundheitsaspekten.

 

Prüfsteine für eHealth-App-Nutzer:

 

  • Trial and Error: Jeder dritte Teilnehmer testete mehr als eine App aus, um seine Ideal-App zu finden. Chronische Patienten scheinen hier aktiver zu sein. Zwei von drei App-Nutzern kamen mit der anfänglichen Bedienung gut bis einigermassen gut zurecht. Fast jeder achte brauchte dazu Hilfe von Dritten
  • Selbstbeurteilung kontrovers: Ein Zweiwelten-Dilemma von der Versorgung vor Ort auf der einen Seite und den über 5000 Sites und Apps auf der anderen Seite stellt Gesundheitssysteme, Bürger und Patienten auf die Probe. Dabei wünscht sich der Patient eine verständliche und relevante digitale Orientierung von seinen Behandlern während und nach seiner Therapie.
  • Markt schlägt Wissenschaft: Die von den Teilnehmern abgefragten AppProduktenamen zeigen: Evaluierte, gute Therapie-Apps (z.B. für Asthma, Depressionen, Herz und Kreislauf) haben ihre Zielgruppe im Markt gegenüber den Mainstream-Angeboten noch nicht ausreichend gefunden.
  • Big-Data-Unterstützung: An die 70 Prozent der App-Nutzer sind bereit, ihre persönlichen Vital- und Krankheitsdaten für Forschungszwecken freizugeben. Kliniken und Ärzten würden die Befragten eher Datenzugang gewähren als den Krankenversicherern.

 

Über 300000 Gesundheits-Apps stehen auf den grossen Mobilplattformen zur Verfügung. Und es werden laufend mehr. «Der Regulierungsrahmen besteht und ist grundsätzlich genügend. Hingegen ist die Schaffung von Transparenz wichtig. Das Bewusstsein bei Entwicklern, dass ihr Produkt ein Medizinprodukt sein kann und dass es somit zertifizierungspflichtig ist, bleibt», erklärt Catherine Bugmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei eHealth Suisse. Im März 2018 hat eHealth Swiss den «Leitfaden für App-Entwickler, Hersteller und Inverkehrbringer» publiziert. Damit gibt die unabhängige Gesundheitsplattform einen Überblick über die wichtigsten Grundbegriffe, Prozesse bei der Abgrenzung von Lifestyle- und medizinischen Health-Apps.

 

Die Definition von Medizinprodukten ist gesetzlich in der schweizerischen Medizinprodukteverordnung definiert und entspricht als Umsetzung der europäischen Medizinrichtlinie dem gesamteuropäischen Rechtsrahmen zu Medizinprodukten. Gemäss der Definition kann auch Software als Medizinprodukt qualifiziert werden und somit den gesetzlichen Anforderungen an Sicherheit und Leistung uterliegen.

 

Aufgrund der Revision der europäischen Medizinprodukterichtlinie (siehe Infobox rechts) werden Medizinprodukte in Zukunft strenger reguliert und medizinische Software in einzelnen Fällen einer höheren Risikoklasse zugeordnet. Zusätzlich zur Redefinition gibt es weitere Dokumente, die zur Entscheidungshilfe bei der Zuordnung zu Medizinprodukten bei Software dienen können (allen voran MEDDEV 2.1/6).

 

Medizinprodukte müssen mit den gesetzlichen Vorgaben konform sein und für den Nachweis der Konformität einen Zertifizierungsprozess durchlaufen. Um nachzuweisen, dass ein Produkt den Anforderungen entspricht, «kann» auf Normen zurückgegriffen werden – bei harmonisierten Normen ist dies dann sogar vorgesehen.

Ist eine Software gemäss gesetzlicher Definition kein Medizinprodukt, empfiehlt es sich trotzdem, den Qualitätsanforderungen gerecht zu werden und involvierte Normen bei der Entwicklung zu beachten.

Der Arzt als Vertrauensperson

Anspruch und Wirklichkeit klappen jedoch in der Praxis noch weit auseinander. Ein springender Punkt bei der Definition von E-Health ist beispielsweise die Dauer der Zertifizierung. Wird eine Gesundheits-Applikation veröffentlich, kann es schon mal ein Jahr gehen, bis man alle Schwachstellen des angebotenen Produkts ausgelotet hat.

 

Die App-Nutzer mögen sich vielleicht zuerst auch kritisch gegenüber unbekannten Anwendungen geben, mit der Zeit würden sie jedoch alle ihre persönlichen Daten preisgeben: So können 58 Prozent der Befragten anfänglich nichts mit dem Begriff «Online-Gesundheitsakte» anfangen. Auf die Frage, ob sie digital jederzeit auf ihre Krankheitsdaten zugreifen wollen, antworten jedoch 73 Prozent mit Ja

 

In der siebten «EPatient-Survey», wofür über 8 400 App-Evaluationen erhoben wurden, zeichnet sich eines deutlich ab: das Bedürfnis der Befragten ihren Arzt als «Lotsen für digitale Versorgungslösungen» angehen zu können, steigt. Gegen 70 Prozent der befragten «Gesundheits-Surfer» seien bereit, ihre Daten mit ihrem Arzt zu teilen. Darauf folgen erst Kliniken und Krankenkassen. Zum Vergleich: Nur fünf Prozent möchten bei Apple oder Google ihre Patientendaten hinterlegen. Abschliessend heisst es in der Survey: Der Arzt ersetze keine App. Drei Viertel der Patienten besprechen die AppEmpfehlungen mit ihrem Arzt, selbst wenn die App eine «andere Therapie» empfiehlt. Mögen die Health-Apps von Morgen noch so interaktive Formen annehmen, letzten Endes liegt es an den Entwicklern, die Bedienungsfreundlichkeit akkurater, wenn nicht kompetenter auszugestalten.

Pilotprojekt «myEPD» in der Nordwestschweiz eröffnet

Am 15. August 2018 hat man am Universitätsspital Basel (USB) im Rahmen einer Medienkonferenz das erste persönliche «myEPD» in der deutschen Schweiz vorgestellt. Dadurch sollen Patientinnen und Patienten gezielt angegangen werden, ihr Elektronisches Patientendossier EPD bis ins Frühjahr 2020 zu eröffnen.

Das Pilotprojekt der Nordwestschweiz sei die erste umfassende Umsetzung eines Patientendossiers, welche sich an den nationalen Vorgaben orientiert. Die Zertifizierung zu einer «Stammgemeinschaft» unter dem nationalen EPD ist bis zum gesetzlich verpflichtenden Termin im Frühjahr 2020 vorgesehen. Bis Ende 2019 werden sich auch weitere Gesundheitseinrichtungen als Anbieter des EPD zusammenschliessen. eHealth Schweiz ist Initiator und Verantwortlicher für den Aufbau der offiziellen «Stammgemeinschaften». Der Kanton Basel-Stadt ist im Pilotprojekt Dateneigner und Vertragspartner aller Beteiligten. Damit ist myEPD das erste gesetzeskonforme EPD, das in der Schweiz eröffnet worden ist. In anderen Regionen, so heisst es bei www.patientendossier.ch, sei man ebenso daran, die technische und organisatorische Entwicklung fürs elektronische Patientendossier zu prüfen

Ein Praxistest für das Patientendossier
Bereits zum zweiten Mal haben IT-Fachleute in Bern Mitte September 2018 ihre Systeme in Bezug auf das EPD getestet. Im Vergleich zum ersten Projectathon im Jahr 2017 konnten fast fünf Mal mehr Anwendungsfälle getestet werden: Insgesamt waren es 792 Tests, die von den unterstützenden Fachpersonen – den «Monitors» – als bestanden beurteilt wurden (2017: 159 verified tests).

 

Im Fokus der Tests stehen alle für das EPD nötigen IHE-Profile, insbesondere aber die schweizspezifischen IHE-Profile, womit die zu integrierenden Healthcare-Instrumente gemeint sind. IHE ist eine Initiative von Anwendern und Herstellern mit dem Ziel, den Datenaustausch zwischen IT-Systemen im Gesundheitswesen zu standardisieren.

 

Die Umsetzung der medizinischen Prozessabläufe zwischen den Systemen und die Schaffung von Interoperabilität stehen hierbei im Vordergrund. Zu den kommenden Events werden laufend Informationen, siehe untenstehende Site (Stichwörter: Projectathon oder Testanlässe 2019) aufgeschaltet.

 

Die Tests rund um die EPD-Interoperabilität sind für alle Teilnehmenden freiwillig und unverbindlich. Sie ermöglichen einen intensiven Wissensaustausch und eine steile Lernkurve für alle Beteiligten. Deshalb empfiehlt sich die Teilnahme – nicht nur für künftige EPDAnbieter, sondern auch für die Hersteller der sogenannten Primärsysteme (KIS, PIS etc.), die ans EPD-System angebunden werden. ■ www.e-health-suisse.ch

Wer haftet bei «Informationspannen» medizinischer Diagnosegeräte?

Speziell auch die Informationsverantwortlichen in Kliniken müssen sich mit den Technologien der Digitalisierung auseinandersetzen. Doch wie gut und wie sicher sind die heute genutzten Diagnoseprogramme wirklich?

Wer haftet bei «Informationspannen» medizinischer Diagnosegeräte?

 

 

 

Zu den Treibern der Digitalisierung gehört die IT-Industrie, die ihre Technik bei Krankenkassen, Abrechnungsstellen, Spitälern und Arztpraxen unterbringen will. Neben ITGrössen wie IBM und SAP gehört hierzu auch der Pharma-Riese Roche. Sein Geschäftsmodell basiert auf einer Verknüpfung von Arzneiprodukten und seiner Diagnostika. Das Schweizer Pharmaunternehmen sieht sich als «Marktführer» im personalisierten Gesundheitswesen.

 

Nicht weniger ambitioniert ist SAP unterwegs – bereits 2013 prahlte der Konzern bei einer hauseigenen Veranstaltung in Luzern, er könne «100000000 Werte» «in Echtzeit» verarbeiten – «pro Patient»! Für seine Software ist der Walldorfer Konzern 2015 mit dem Red-Dot-Award ausgezeichnet worden: «Ärzte, Forscher und anderes medizinisches Personal können über ein System auf alle relevanten klinischen Daten eines Patienten in Echtzeit zugreifen», lobte Christof von Kalle, Sprecher des Direktoriums des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg

 

Gleichwohl ist die Kehrseite der Digitalisierung des Gesundheitswesens nicht so glänzend, wie es uns so manche Kampagnen weismachen wollen

Frage des Zugriffs
Besonders weit bei der Digitalisierung ist das Spital in Thun: Als einzige Klinik in der Schweiz hat sie Stufe 6 der «Healthcare Information and Management Systems Society» (HIMMS) erklommen.

 

Auf der siebenstufigen Skala wird gemessen, wie weit die Digitalisierung vorangekommen ist. Bruno Guggisberg, CEO der Spital STS AG, betont: «Die Spitalaufenthalte werden kürzer, und die Bedeutung der Informatik und Digitalisierung wird weiter zunehmen.» So weit, so gut – wäre da nur nicht das Thema Datensicherheit:

 

«eHealth Suisse», die «Kompetenz- und Koordinationsstelle von Bund und Kantonen», verlangt nach einem «Identity and Access Management» und definiert das als «Verwaltung der eindeutigen Identifikation von Personen und deren Zuordnung zu elektronischen Identitäten». «Eindeutig» bedeutet, dass bei jedem Zugriff protokolliert werden muss, ob die Verwaltungsleiterin, der Chefarzt oder die Pflegeschülerin zugegriffen hat. Hinzu kommt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union: Sie gilt nach Ansicht des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) auch für «Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, soweit es diese Daten für seine Waren- und Dienstleistungsangebote in der EU bearbeitet»

Reformulierungen
Martin Eckert, Legal Partner bei der Rechtsanwaltskanzlei MME Legal, Tax, Compliance glaubt an «extraterritoriale Wirkungen» der Verordnung und erwartet, dass deshalb auch Schweizer Leistungserbringer unter die Verordnung fallen «können». Diese Möglichkeit bestreitet zwar der Anwalt Christian Peter – aber: Der EDÖB Adrian Lobsiger erwartete die Aktualisierung des Schweizer Datenschutzgesetzes bereits für Sommer 2018.

 

Dieses wird sich Lobsiger zufolge wie die DSGVO an der Europaratskonvention 108 orientieren. Experten warnen jedoch davor, dass die Bedeutung der Datensicherheit in eidgenössischen Arztpraxen «unterschätzt» werde oder – noch schlimmer! – in den Kliniken gar «ungenügend» sei.

 

Fällt eine Arztpraxis einer Datenpanne zum Opfer, etwa durch die «unbeabsichtigte» oder «unberechtigte» «Offenlegung» personenbezogener Daten, so hat der «Verantwortliche» 72 Stunden Zeit, um das seiner Aufsichtsbehörde zu beichten. Ausserdem hat er eine Dokumentation «aller im Zusammenhang mit der Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten stehenden Fakten» zu erstellen. Aus dieser Dokumentation muss demnach hervorgehen, ob beispielsweise ein Mitarbeiter (unbeabsichtigt) Patientenbriefe falsch adressiert oder (unrechtmässig) Patientendaten kopiert hat, um sie an Dritte «für Tausende Dollar» zu verkaufen.

 

Um kriminelle Risiken zu reduzieren, muss nicht nur der Zugriff auf die Daten protokolliert, sondern auch definiert werden, mit welchen Rechten dieser Zugriff verbunden sein soll: Der Verwaltungsmitarbeiter braucht die Bank-, aber kaum die Daten der Diagnose. Die Ärztin wiederum benötigt nicht die BankDaten. Die Verarbeitung der Daten hat unter der «Aufsicht» des jeweils Verantwortlichen stattzufinden. Verantwortlich ist, wer «über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet».

 

Ein besonders wichtiger Begriff der Verordnung ist die «Rechenschaftspflicht»: «Der Verantwortliche ist für die Einhaltung des Absatzes 1 (in Artikel 5 der Verordnung, Anm. d. Autors) verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können». In diesem Absatz 1 werden Forderungen zur «Rechtmässigkeit» der Verarbeitung, der «Zweckbindung» der erhobenen Daten, der «Datenminimierung», der «Richtigkeit», der «Speicherbegrenzung» und der «Integrität und Vertraulichkeit» gestellt.

Sicherheitslücken
Das IBM-Forschungslabor Zürich soll bereits 2009 zusammen mit einem Spital in Dänemark eine «innovative» Software entwickelt haben, die elektronische Gesundheitsdaten mit einem dreidimensionalen Modell des menschlichen Körpers verknüpfen können soll. Im vergangenen Jahr behauptete der Konzern sein KI-System «Watson» «weltweit in mehr als 50 Krankenhäusern» einzusetzen. Während IBM mit dem Pharmahersteller Pfizer kooperiert, hat sich Roche mit GNS Healthcare – einem jungen KI-Unternehmen aus dem US-amerikanischen Cambridge – verbündet. Allerdings wurden IBM’s Watson bereits «ungesunde und falsche» Behandlungen vorgeworfen, Roche musste eine «Diabetes Management App» von Amts wegen zurückrufen und die Liste teils schwerwiegender Sicherheitslücken beim SAP System Hana ist lang1 . Gegenwärtig, so heisst es in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU, wird der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter von der Haftung befreit, «wenn er nachweist, dass er in keinerlei Hinsicht für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, verantwortlich ist» (Art. 82 DSGVO – Haftung und Recht auf Schadenersatz; Absatz 2).

Mit kleinen Massnahmen schwerwiegende Unfälle verhindern

Nicht nur in den kalten Wintermonaten bei Regen, Eis oder Schnee haben Rutschunfälle Saison. Mit rund einem Drittel aller Berufsunfälle im Dienstleistungssektor gehören Stolpern und Stürzen zu den häufigsten Unfallhergängen im Büro.

Mit kleinen Massnahmen schwerwiegende Unfälle verhindern

 

 

 

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Ihre Büromitarbeitenden mit Knieschonern und Helm auszurüsten, um sie vor den Unfallgefahren in Bürobetrieben zu schützen? Vermutlich nicht. Das ist auch nicht nötig. Effektiven Schutz und Sicherheit am Arbeitsplatz gewähren Sie Ihren Mitarbeitenden, wenn Sie bei Materialwahl, Ausführung und Unterhalt von Gebäudeinstallationen auf angemessene Sicherheit und Ergonomie achten. Vieles davon ist verbindlich geregelt. Führungspersonen sind gegenüber Behörden verpflichtet, für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz ihrer Angestellten zu sorgen

Rutschgefahren und Stolperfallen vermeiden
Achten Sie bei Nässe, Schnee, Eis, Blättern und Schmutz besonders bei Gebäudeeingängen darauf, dass diese gut gereinigt und rutschfrei ge halten werden – im Aussen- wie auch im Innenbereich. Mit dem Einsatz einer Schmutzschleuse verhindern Sie zudem, dass Nässe und Schmutz hineingetragen und im Gebäudeinnern zur Rutschgefahr werden. Reinigen Sie Böden nicht zu Stosszeiten und reinigen Sie nur abschnittsweise. Markieren Sie die nassen Abschnitte oder sperren Sie diese ganz ab

 

Achten Sie bei Böden auf Niveau-Unterschiede und Bodenbeläge. Niveau-Unterschiede sind klassische Stolperfallen: Schwellen, Absätze oder Unebenheiten sollten, wo immer möglich, vermieden werden. Dasselbe gilt für Bodenöffnungen und offene Kabelkanäle. Wo Niveau-Unterschiede nicht zu verhindern sind, sollten sie deutlich markiert werden

 

Stürze auf Treppen sind besonders gefährlich. Treppen sollten daher zwingend mit Handläufen versehen sein. Sie geben Halt, wenn man aus dem Tritt gerät. Je nach Material, Farbgebung und Beleuchtung sind Treppenstufen schlecht zu erkennen und können so zu Fehltritten führen. Markieren Sie Stufenkanten an Treppen, um die Sichtbarkeit zu erhöhen. Sorgen Sie zudem mit rutschhemmenden Belägen und Rutschprofil für einen sicheren Halt – das ist besonders wichtig bei Treppen im Eingangsbereich, wo Nässe und Schmutz die Rutschgefahr stark erhöhen.

Türen und Fluchtwege markieren
Glastüren machen Räume zwar hell und freundlich. Oft kommt es aber vor, dass eine Glastür nicht wahrgenommen wird. Die Folgen können sehr schmerzhaft sein. Markieren Sie Glastüren mit Bändern, Streifen, Symbolen oder Querbalken. Achten Sie zudem bei handbetätigten Türen auf abgekröpfte Türdrücker, um Quetschungen an der Hand zu vermeiden. Setzen Sie nur automatische Türen und Tore ein, die den geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprechen.

Fluchtwege freihalten
Im Notfall, zum Beispiel bei einem Brand, ist das Überleben aller Mitarbeitenden im Gebäude davon abhängig, wie sicher und schnell die Flucht aus dem Gebäude gelingt. Machen Sie Fluchtwege durch Notbeleuchtung und nachleuchtende Fluchtwegzeichen gut sichtbar. Und halten Sie Verkehrswege und insbesondere Fluchtwege konsequent frei. Bringen Sie zudem eine Panik-Entriegelung an Notausgängen an. Sie entriegelt und öffnet die Tür mit einmaligem Drücken und macht den Weg nach draussen in Sekundenschnelle frei.

Elektrische Geräte und unter Spannung stehende Teile warten
Auch bei elektrischen Geräten und unter Spannung stehenden Teilen ist Vorsicht geboten. Kontrollieren Sie Stecker und Kabel regelmässig. Lassen Sie defekte Einrichtungen sofort durch einen Fachmann reparieren und schalten Sie bei Wartungsarbeiten die Energiequelle ab. Fehlende Isolation an Kabeln, Steckern und Steckdosen kann zu gefährlichen Stromschlägen führen.

Prozess optimierte «Ventilinsel»

Mittlerweile bieten intelligente elektropneumatische Automatisierungssysteme nicht nur praxisgerechte Diagnose- und sicherheitsgerichtete Abschaltfunktionen, sondern sie erschliessen auch Möglichkeiten zu vorbeugenden Wartungsmassnahmen und fügen sich «nahtlos» in die Prozesssteuerungswelt ein. Das folgende Anwendungsbeispiel aus dem pharmazeutischen Anlagenbau liefert dafür ein gutes Beispiel.

Prozess optimierte «Ventilinsel»

 

 

Insulin hat die Therapie des Diabetes mellitus revolutioniert. Seit gut einem Vierteljahrhundert lässt sich der lebensrettende Wirkstoff industriell mithilfe von genetisch manipulierten Bakterien und Hefen herstellen. Die Anforderungen an die dafür eingesetzte Verfahrenstechnik sind hoch. Die Anlagen müssen nicht nur hinsichtlich Hygiene und Reinigung strenge Standards und gesetzliche Vorgaben erfüllen, sondern gleichzeitig mit hoher Präzision und Zuverlässigkeit arbeiten. Als Spezialist für massgeschneiderte Prozess- und Verfahrenslösungen für solche sterilen und aseptischen Anwendungen gilt die Unternehmensgruppe ZETA mit Stammsitz in Österreich in der Nähe von Graz. Der Technologielieferant der biotechnologischen und pharmazeutischen Industrie konzipiert, fertigt und installiert kundenspezifische Lösungen für renommierte Unternehmen auf der ganzen Welt. Ein Beispiel dafür liefert eine schlüsselfertige Automatisierungslösung für eine Fermentationsanlage zur Insulinproduktion, die Ende 2018 in Russland in Betrieb gehen wird (Bild 1). Der Umfang dieses Projekts ist beachtlich; es galt, 18 Behälter, 30 Schaltschränke und die komplette Mess-, Steuerund Regelungstechnik zu konzipieren und zu installieren, zu prüfen und zu zertifizieren. Die elektropneumatische Automation übernehmen insgesamt 20 Ventilinseln von Bürkert (Typ 8647 AirLINE SP) in Kombination mit der dezentralen Peripherie ET 200SP, die beim Fermentationsprozess etwa 600 Ventilfunktionen steuern.

Technisch und ökonomisch überzeugend
Für diese Wahl sprachen gleich mehrere Gründe, wie Andreas Rauscheder, Projektingenieur bei ZETA, erläutert: «Bereits in der Planungsphase konnten wir uns von den Vorteilen der neuen Ventilinselgeneration gegenüber Standardlösungen in der Pneumatik überzeugen. Die hard- und softwaremässige Integration in unsere Automatisierungswelt von Siemens vereinfachte die Installation, Inbetriebnahme und Parametrierung. Dank der Möglichkeit, die Ventilinseln vollumfänglich mittels HSP-File im Siemens-TIA-Portal zu parametrieren, sparten wir deutlich Zeit und Kosten.»

 

Ein weiterer entscheidender Vorteil des Systems ist die externe Ventilspannungsabschaltung – kurz EVS. Hierzu wird über einen potenzialfreien Kontakt der Versorgungsstromkreis für die Lastspannung der Ventile unterbrochen. «Dies ermöglicht uns ein sicheres Abschalten einzelner Ventilmodule nach Anforderungen der Maschinenrichtlinie und der EN13849 oder der entsprechenden SIL-Anforderungen.» Durch die Nutzung der EVS-Funktion können mit wenig Aufwand einzelne sichere Notauskreise auf der Ventilinsel realisiert werden.

 

«Wir konnten uns dadurch zusätzlichen Aufwand sparen; wird ein Nothalttaster von einem Mitarbeiter betätigt, geht die Ventilinsel am entsprechenden Anlagenteil sofort in einen sicheren Zustand und die Leitstelle weiss auch Bescheid,» freut sich Herr Rauscheder

Hohe Betriebssicherheit und Verfügbarkeit
Die standardmässige integrierte Diagnosefunktion bietet neben der Anzeige und Weitermeldung der EVS-Funktion aber noch weitere Möglichkeiten, die die Betriebssicherheit erhöhen. So überwacht ein integriertes Druckmessmodul den Versorgungsdruck und gibt bei Abweichungen von den festgelegten Werten Warn- sowie Fehlermeldungen an die Steuerungsebene weiter. Ebenso können Schaltspielzähler unabhängig voneinander für die Pilotventile und die nachgeschalteten Aktoren genutzt werden.

 

«Pilot- und Prozessventil lassen sich für mehr Übersichtlichkeit dadurch vor Ort auch optisch zuordnen,» ergänzt Herr Rauscheder. Drahtbruch, Kurzschluss und offene Ventilausgänge werden ebenfalls detektiert, direkt an der Ventilinsel in Klartext sowie als Symbol angezeigt und über die Kommunikationsschnittstelle der ET 200SP weitergeleitet.

 

Zur Erhöhung der pneumatischen Verfügbarkeit entschied sich ZETA auch für die integrierte P-Kanalabsperrung. Diese ermöglicht einen Ventilwechsel im laufenden Betrieb, ohne den Rest der Ventilinsel drucklos schalten zu müssen. Die ebenfalls integrierten Rückschlagventile in den Abluftkanälen der Ventilinsel sorgen ausserdem für ein rückwirkungsfreies und sicheres Schalten der Prozessantriebe. «Da die Ventilinseln modular aufgebaut sind, konnten wir nachträglich bestimmte Funktionen in einen anderen Schaltschrank ‹umziehen›. Wir mussten dazu nur die entsprechenden Module tauschen und die Verschraubung ändern,» so Herr Rauscheder weiter.

Schnelle Zertifizierung
Da die Fermentationsanlage für den russischen Markt bestimmt ist, war auch für die Ventilinseln das EAC-Zertifikat der Eurasischen Wirtschaftsunion notwendig. ZETA war angenehm überrascht, wie schnell die Fluidikexperten hier reagierten und die entsprechenden Dokumente vorlegen konnten. «Die Liefertermine wurden genau eingehalten, die Beratung stimmte und kleinere Softwareanpassungen, die sich im Nachhinein ergaben, waren schnell erledigt», berichtet der Projektleiter. Einer Wiederholung der Zusammenarbeit bei zukünftigen Projekten steht damit nichts im Wege. Als intelligente elektropneumatische Automatisierungssysteme finden die Ventilinseln aber nicht nur in der Pharmaindustrie viele Anwendungsbereiche. Ganz ähnliche Aufgabenstellungen und Anforderungen gibt es beispielsweise in der Kosmetik-, Nahrungs- und Genussmittelindustrie oder bei der Wasseraufbereitung

Mit durchgehender Digitalisierung zum Ziel!

Besonders im Medizinaltechnik-Bereich, aber auch in anderen Branchen steigen die regulatorischen Anforderungen und damit die administrativen Aufwände weiter an. Um mit ISO 13485 und den Vorgaben aus der MDR (Medizinprodukteverordnung) Schritt halten zu können, braucht es ein dynamisches, flexibles und kosteneffizientes Vorgehen. Statische, papierbasierte Managementsysteme können hier nicht mehr mithalten.

 

 

Ein bekannter Hersteller von medizinischen Geräten (Standort Schweizer Mittelland, Name der Redaktorin bekannt) hat bereits heute die Weichen für einen zukunftsweisenden Geschäftsbetrieb gestellt. Als innovativer Branchenführer setzt er konsequent auf die Digitalisierung seiner Prozesse und ein vollelektronisches Managementsystem. Im Vordergrund der Systemumstellung standen die ISO-13485-Rezertifizierung sowie die Erfüllung der Anforderungen von FDA 21 CFR 820. Und das alles ohne Papier.

Automatisierte Workflow-Abläufe sorgen für dynamische Informationslenkung
Das bisherige, teilweise digitalisierte Managementsystem verwaltete Dokumente zentral auf einem Server und benötigte Papierausdrucke mit Unterschrift zur normkonformen Nachweiserbringung. Ziel der Systemumstellung war es, sämtliche Dokumente, Prozesse und Abläufe der Unternehmung ohne den bisherigen Medienbruch (Software / Papier) mit einem integrierten Managementsystem verwalten zu können. Gleichzeitig soll mithilfe der Automatisierung ein neuer Level der Effizienz erreicht werden. Trotz steigender Anforderungen sollen der Pflegeaufwand reduziert und Kapazität für neue Aufgaben generiert werden (PostMarket Surveillance). Damit Prozesse und Dokumente (wie für den Medtech-Bereich gewünscht) vollelektronisch geprüft und freigegeben sowie zur Informationsverteilung individuell gelenkt werden können, benötigt die eingesetzte Softwarelösung voll integrierte Workflowfunktionalitäten und die elektronische Unterschrift auf Basis der entsprechenden Authentifizierung (FDA 21 Part 11 konform).

 

Die Wahl der optimalen Software fiel daher auf IMS PREMIUM der IMS Integrierten Managementsysteme AG. Von der automatischen PDF-Erstellung über die Stempelung von Dokumenten bis zu Lese- und Schulungsnachweisen können damit sämtliche Abläufe vollelektronisch und daher lückenlos gesteuert und dokumentiert werden. Überwachungs- und Erinnerungsfunktionen unterstützen alle Beteiligten bei der termingerechten Abarbeitung von offenen Aufgaben. Das personifizierte Dashboard sorgt zudem für eine übersichtliche Darstellung sämtlicher benutzerbezogenen To-dos.

Prozesse erwachen zum Leben
Einer der grössten Vorteile liegt klar darin, dass Prozesse, Dokumente und Hilfsmittel nicht mehr statisch abgebildet, sondern durch die Verbindung von Qualitätsmanagement- und Workflowsystem dynamisch genutzt werden können. Prozesse, Arbeitsabläufe und Anweisungen «erwachen damit zum Leben». Schritt für Schritt lässt sich der Workflow elektronisch abarbeiten. Regelbasierte Prüfungsschritte, automatisches Informieren von Beteiligten und eine vollständige Dokumentation der Ergebnisse ermöglichen einen reibungslosen Ablauf. Mit der Änderung des Prozesses kann der Workflow an neue Anforderungen angepasst und für den alltäglichen Einsatz optimiert werden. Dabei ist die komplett digitale, normkonforme Nachweiserbringung zu jeder Zeit gesichert, ohne auch nur einen Papierausdruck zu benötigen. Weitere Vorteile dieser dynamischen Arbeitsweise:

  • Aufwandreduzierung führt zu einer verkürzten Durchlaufzeit
  • Weniger Fehler durch die einfache und automatisierte Abwicklung
  • Standardisierter Ablauf führt zu konsistenter Dokumentation und Abwicklung
  • Regelmässige Nutzung des Managementsystems – der Workflow wird aktiv ausgeführt
  • Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten von Prozessen zu elektronischem, regelbasiertem Workflow

CAPA-konforme und trotzdem flexible Massnahmenverwaltung
ISO 13485 schreibt die systematische Anwendung des CAPA-Prozesses (Corrective and Preventive Action – Korrektur- und Vorbeugemassnahme) im unternehmensweiten Qualitätsmanagementsystem vor. Ziel dieses Prozesses ist es, Anforderungen aus Vorschriften und Gesetzen zur Arzneimittelund Medizinproduktesicherheit zu erfüllen und allfällige Abweichungen zu beseitigen.

 

Im Rahmen des Projektes wurde mit IMS PREMIUM die papierlose Abarbeitung des CAPA-Prozesses umgesetzt. Der entsprechende Workflow beinhaltet die ablaufgesteuerte und rechtebasierte Umsetzung von Massnahmen auf Basis von Rollen und Berechtigungen. Unabhängig von der Problemstellung – ob Kundenreklamation, Prozessabweichung, Audit, Verbesserungsvorschlag, Fehler in Produktion oder Beschaffung – Abweichungen und Massnahmen können auf einfache Weise einzeln oder zusammenhängend erfasst und bearbeitet werden. Ein dokumentierter Kundenreklamationsprozess wird beispielsweise zu einem workflowgesteuerten, vollelektronischen Ablauf. Das vorkonfigurierte Formular ermöglicht die Erfassung der Kundenreklamation per Mobiltelefon, Tablet oder Desktop-Computer und leitet die Beteiligten Schritt für Schritt durch die elektronische Abarbeitung. Diese Funktionalität kann für jede Prozessform eingesetzt werden und bietet folgende Vorteile:

  • Transparenz über alle Abweichungen und lückenloser Nachweis
  • Massnahmenmanagement mit Verfolgung
    und umfassender Dokumentation
  • Zeitliche Überwachung von CAPA und Erinnerung an die Beteiligten

Auswertungen für sämtliche Managementbereiche
Um die unternehmensweite – bei grösseren Organisationen sogar standortübergreifende – Informationslenkung aktuell halten, kontrollieren und auswerten zu können, sollten unterschiedlichste Auswertungen möglich sein. Als integriertes Managementsystem bietet IMS PREMIUM alle Möglichkeiten der digitalen Informationszusammenführung, -steuerung und -auswertung. Im Falle des geschilderten Projektes beim Medizinalgerätehersteller werden auf Knopfdruck Statusreports zu offenen Massnahmen, angewendeten Normkapiteln oder auch Unternehmenszielen generiert.

Anspruchsvolle Validierung
Eine durchgehende Digitalisierung nach ISO 13485 oder FDA-Vorgaben verlangt bei Inverkehrbringen eine lückenlose Dokumentation und die entsprechenden Nachweise von Änderungen (Änderungslog). Dies hat zur Folge, dass auch die zur Umsetzung des Managementsystems verwendete Softwareanwendungen validiert werden muss.

 

Im Projekt wurden folgende, validierungsrelevante Managementsystem-Bereiche ermittelt:

  • Betroffene Prozesse
  • Auswirkung auf Produkte und/oder Leistungen des Unternehmens
  • Funktionen des Managementsystems, die
    zum Einsatz kommen

 

IMS AG unterstützte alle Phasen des Projektes. Von der Planung mit anschliessendem Erarbeiten des Nutzungskonzeptes bis zur Umsetzung des komplett digitalen Managementsystems. Auf der Grundlage des standardisierten Verfahrens wurde die Validierung des gesamten Managementsystems durchgeführt. Mit dem Einsatz von IMS PREMIUM kann neben dem Nachweis einer umfassenden Umsetzung der Normanforderungen und der gelenkten Dokumentation zudem aufgezeigt werden, dass Prozesse wirklich gelebt und entsprechende Vorgaben unternehmensweit umgesetzt werden.

Für papierlose Zukunft gerüstet
Der Weg zum unternehmensweiten, komplett digitalisierten Managementsystem war mit vielen Herausforderungen gepflastert. Nur dank dem unternehmensweiten Teameinsatz und der fachlichen Unterstützung des Softwarepartners konnten Prozesse und Abläufe bereichsübergreifend durchdacht, überarbeitet und nachhaltig gestaltet werden. Doch der Einsatz hat sich gelohnt: Die ablaufgesteuerte Nutzung des Managementsystems ist heute gar nicht mehr aus dem Arbeitsalltag wegzudenken. Und das Beste daran: Egal ob ISO 13485, MDR oder FDA 21 CFR 820 – das dynamische Managementsystem ist auch für zukünftige Anforderungen bereit.

 

 

 

Beschaffungskosten senken

Alters- und Pflegeheime können inskünftig Zeit und Kosten einsparen und sich verstärkt auf ihre Kernaufgabe konzentrieren: die Pflege und Betreuung der Bewohner. Möglich wird dies durch eine digitale Dienstleistungsplattform, die den Beschaffungsprozess von medizinischem Verbrauchsmaterial optimiert.

Beschaffungskostensenken

 

 

In der einschlägigen Fachliteratur für Materialwirtschaft ist zu lesen, dass die eigentlichen Prozesskosten (Lieferantenauswahl, Bestellabwicklung, Logistik) schon mal das Doppelte des Warenwertes betragen können. Die Ursachen dafür sind vielschichtig: Die Auswahl der Lieferanten benötigt viel Zeit und das Artikelsortiment will gepflegt sein. Häufig sind mehrere Lieferanten im Spiel, das bedeutet eine Vielzahl von Bestellungen und Anlieferungen, hinzu kommt der hohe Aufwand bei der Rechnungsabwicklung. Und längst nicht jeder Patient benötigt einfach ein Standardprodukt: Die patientenbezogene Bestellung und Verteilung erhöht den Aufwand zusätzlich. Auf der Strecke bleibt bei so viel administrativer Arbeit die Kernaufgabe: die Pflege der Patienten.

Mehr Zeit für die Kernaufgaben
Die Massnahmen liegen auf der Hand: Weniger Lieferanten, ein gestrafftes Sortiment, ein patientenbezogenes Bestellsystem, konsolidierte Anlieferung des gesamten Sortiments mit weniger Wareneingängen, optimierte interne Logistikabläufe und womöglich sogar noch ein Service für das Einräumen der Lager. Dieser Wunsch war dem Schweizer Hersteller von medizinischen Verbrauchsgütern IVF HARTMANN AG Befehl: Im Oktober 2017 lancierte das in Neuhausen a. Rheinfall ansässige Unternehmen unter der Bezeichnung HARTMANNeasy eine digitale Beschaffungsplattform. Durch eine zentrale und optimierte Bestellung des gesamten medizinischen Verbrauchsmaterials, einer zusammengefassten Lieferung und einer konsolidierten Monatsrechnung werden die Logistikprozesse so optimiert, dass sich das Pflegepersonal verstärkt auf seine Kernaufgabe, die Pflege, konzentrieren kann. Zudem können nachhaltig Kosten gespart werden. «Wir haben dank Prozessoptimierungen und HARTMANNeasy unsere Kosten und administrativen Aufwände im Zusammenhang mit dem gesamten Bestellwesen und der Lagerbewirtschaftung um gut einen Drittel reduzieren können», sagt Ingrid Markart, Geschäftsleiterin des Pflegeheims PeLago bei Rorschach. «Wir hatten früher zu viele verschiedene Lieferanten, mussten häufig Kleinmengenzuschläge bezahlen, hatten viele Lager. Entsprechend waren viele Personen involviert, aber niemand hatte die komplette Übersicht. Doppelspurigkeiten und ‹Zetteli-Wirtschaft› waren die Folge.»

 

HARTMANNeasy kann auf die Bedürfnisse des jeweiligen Bezügers massgeschneidert werden. Die einfachste Variante: Die Bestellung eines oder mehrerer Warenempfänger wird direkt ins Zentrallager an eine zentrale Adresse geliefert. Die Bestellung ist mit den einzelnen Warenempfängern gekennzeichnet und kann so direkt zugeordnet werden. Optional kann diese Zentrallagerbelieferung auch sortiert nach Stationen erfolgen, gegen einen Servicezuschlag von 10 Prozent ist dabei auch ein Einräumservice möglich: Der Einräumservice kommt zu einem vereinbarten Zeitpunkt, packt die Ware aus und liefert diese direkt auf die einzelnen Stationen. Damit wird das Personal maximal entlastet und es bleibt noch mehr Zeit für die Pflege.

Zusätzliche Module lanciert
Doch damit nicht genug: Um interne Abläufe in Alters- und Pflegeheimen zu verbessern, wurde das Modul HARTMANN easyCare entwickelt. Dabei handelt es sich um eine digitale Bewohner- und Stationsverwaltung. Damit können Kunden eine Wochenplanung pro Bewohner oder Station vornehmen und die Produkte digital bestellen. Dabei werden sie von einer Vielzahl an Funktionen wie automatische Bestellvorschläge, Generierung von Verteillisten oder massgeschneiderte Belieferungsoptionen unterstützt. Selbstredend ist easyCare direkt an der Beschaffungsplattform HARTMANNeasy angebunden. Darauf befinden sich über 95 Prozent der in einem Altersund Pflegeheim benötigten medizinischen Verbrauchsgüter und Hygieneprodukte. Dabei werden nicht nur Produkte der IVF HARTMANN AG angeboten, sondern auch von anderen Lieferanten.

 

Als jüngste Ergänzung kam kürzlich eine automatisierte Regalbewirtschaftung für Kliniken und Spitäler hinzu. Die Lösung HARTMANN easyShelf regelt den Bestell- und Logistikprozess über Sensoren und löst die benötigte Bestellung automatisch nach den vordefinierten Parametern aus. Bei Bedarf werden die Produkte auch direkt in die Regale eingeräumt. Auch hier wird das Pflegepersonal von einem Teil der administrativen Aufgaben befreit und kann sich vermehrt der Pflege widmen. Durch die Verknüpfung mit HARTMANNeasy kann das Tool auch zur Lagerverwaltung sowie für Inventuraufgaben eingesetzt werden.

Durch Digitalisierung den Pflegealltag optimieren
«Die digitale Dienstleistungsplattform soll auch in Zukunft basierend auf den Erfahrungswerten kontinuierlich optimiert und ausgebaut werden, um unsere Kunden langfristig und partnerschaftlich zufriedenzustellen», sagt dazu Edward Mulder, Leiter Digitalisierung bei IVF HARTMANN AG (siehe Interview). Solche Innovationen können einen massgeblichen Beitrag zur nachhaltigen Sanierung des Schweizer Gesundheitssystems leisten, indem sie etwa helfen, die Beschaffungskosten zu senken.

 

Wie lief die Implementierung bei PeLago? Ingrid Markart war es wichtig, ihre Mitarbeitenden von Anfang an in die Evaluation der Lösung mit einzubeziehen. «Das Personal gab an Befragungen bekannt, was nicht funktionierte, und beurteilte selbst Vorschläge zur Verbesserung.» Deshalb ist heute die Akzeptanz bei den Nutzern sichergestellt, und die Lösung funktioniert problemlos. Mehr noch: Ingrid Markart sieht die erfolgreiche Einführung von HARTMANNeasy als Element eines soliden Qualitätsmanagements.

Die Krux mit dem Ökolabel

«Auch das noch», denkt sich Hannes. Wieder mal ist an der Geschäftsleitersitzung ihm das Detailkonzept aufgehalst worden. Das Unternehmen hat sich eine neue Teilstrategie gegeben. Neben den klassischen Erfolgsfaktoren hat es sich «Nachhaltigkeit» auf die Fahne geschrieben. Das internationale Ökolabel soll angestrebt werden, damit der Kunde weiss, dass hier nicht nur gut, sondern auch nachhaltig und biologisch gearbeitet wird.

Selbstverständlich sind die grossen Brocken bereits umgesetzt. Dass die Produktion möglichst energiearm läuft, ist Vorschrift. Dass das Entsorgungskonzept der Nachhaltigkeit unterliegt, ist weder neu, noch freiwillig. Im Alltag aber gibts noch Potenzial. Hier soll der Hebel angesetzt werden. Denn Ökologie gehört nicht nur in die Fabrikationshallen, sondern in den Alltag aller betrieblichen Detailabläufe. Erst dann erreicht man das Bewusstsein der Mitarbeitenden und schliesslich der Kunden.

 

Hannes ist etwas ratlos. Er sitzt uninspiriert am Computer, hat ein Word-Dokument geöffnet, Titel gesetzt und Platz für Illustrationen ausgespart. Und nun klemmts. Er steht auf, Bewegung bringt auch das Hirn in die Gänge. Die besten Ideen springen einen oft dann an, wenn man durch die Korridore schlendert oder vor dem Objekt steht. Das hat Hannes wiederholt erlebt.

 

Bereits in seinem Büro beginnt er mit den ersten Notizen. Dass die Standby-Funktion des PCs etwas früher einsetzen kann, damit hat er sich schon beschäftigt. Aber wie wäre es, wenn die Bildschirmdarstellung etwas unschärfer und kleiner wäre? Das würde sicher Strom sparen. Er notiert es sich. Dass die Mikrofasertücher, die für die kleine «Reinigung» zwischendurch an jedem Arbeitsplatz liegen, viel Chemie enthalten, ist so gut wie sicher. Also: «Mikrofaser- Tücher durch Woll-Lappen aus einheimischer Produktion ersetzen ».

 

Hannes ist überzeugt, dass gerade mit zahlreichen Detaillösungen der entscheidende Effekt erreicht wird und die Mitarbeitenden für das Thema sensibilisiert werden. Dass die Abwärme des PCs und des Druckers für die Kaffeemaschine genutzt werden kann, ist sinnvoll, – es muss einfach noch technisch umgesetzt werden. Aber es findet sich sicher jemand, der das in die Hand nimmt. Toiletten sind Herde von Energieverschleiss. Warum muss der Raum so hell beleuchtet sein? Wer ihn nicht auswendig kennt, ist nicht wach genug und hat im anspruchsvollen Geschäftsalltag nichts verloren. Energiesparlampen sind gut – aber keine Lampe ist noch besser. Zudem hat die Toi lette ein Fenster. Dieses lässt genügend Licht herein. In den Wintermonaten ist daran zu denken, das Geschäft vor Einbruch der Dunkelheit nochmals zu erledigen, damit die Blase bis Feierabend «durchhält».

 

Die Kaffee-Ecke hat ebenfalls ökologisches Potenzial. Kaffeemaschinen werden schon länger auf Standby gesetzt. Aber der zeitliche Ablauf kann optimiert werden: Heisser Kaffee ist nur zwischen neun und zehn Uhr erhältlich. Die ausgeworfenen Nespresso-Kapseln werden im Schnellverfahren verbrannt und deren Abwärme für die Zeitperiode von elf bis zwölf Uhr in Strom gewandelt. «Eine innovative und visionäre Idee», ist Hannes überzeugt und lächelt zufrieden vor sich hin.

 

Die Zeitungen in der Betriebskantine haben am Abend ihren Zweck erfüllt und landen in der Entsorgung. Hier sollte überlegt werden, ob und wie diese anfallenden Papierkilos nochmals zu verwenden sind. Zum Beispiel als Saugpapier im Entfeuchtungsapparat im Serverraum. Oder kunstvoll gefaltet als Einweg-Handyhülle, um auch bei jenen Geräten die Langlebigkeit zu fördern, ohne profan-giftige Kunststoffhüllen, sondern in ökologisch hochwertigen Schutzhüllen.

 

Hannes kommt in Fahrt. Es macht ihm Spass, an Details zu feilen und innovative Lösungen zu finden. Er notiert Stichworte und zählt die Ideen. Sämtliche Produkte aus der Produktion sollen mit einem grünen Punkt versehen werden, damit die Kunden die Bemühungen wirklich wahrnehmen. Hannes’ Fantasie befeuert einen weiteren innovativen Vorschlag: Im Eingangsbereich des Unternehmens soll Vogelgezwitscher durch ein Quadrophonie- Lautsprecher-System eingespielt werden. Die Energie dafür wird auf dem Dach gewonnen, im hauseigenen Kraftwerk, das mit dem gesammelten Kot der echten Vögel gespeist wird.

 

Potenzial sichtet Hannes auch in der Betriebskantine. Selbstverständlich sollen alle Speisen aus heimischer Produktion stammen. In einer Übergangsphase wird «heimisch» so definiert, dass die Lebensmittel aus einem Land stammen, aus dem mindestens ein Mitarbeiter herkommt. Bei 25 verschiedenen Nationen muss man sich so nicht allzu stark einschränken. Zu guter Letzt soll in der Raucherecke im Innenhof der Rauch als Abluft gesammelt eine Miniturbine antreiben. Diese wiederum wird genutzt, um die grünen Aufkleber für die Produkte zu stanzen. Ökologie setzt voraus, vernetzt und in komplexen Systemen zusammenhängend zu denken und handeln.

 

Nun gut – das papierlose Büro lässt noch auf sich warten. Aber schliesslich muss das Konzept auch ohne Energie an allen Arbeitsplätzen lesbar sein. Dafür braucht es beim besten Willen bedrucktes Papier.

 

Mehr Zeit für Inhalte

Datentransparenz in Netzbetreiber- oder Energieversorgungsunternehmen – im kaufmännischen und technischen Bereich, und dies mit einem einzigen System und nie mehr mit Excel-Listen. Solche Wünsche können heute erfüllt werden. Ein Beispiel aus Deutschland zeigt, wie.

Mehr Zeit für Inhalte

 

 

 

Die Arbeitsabläufe einer Netzgesellschaft sind bekannt. Da geht es unter anderem um die Kalkulation der Netznutzungsentgelte, um das Erlöspfadmanagement, um das Vorhalten der aktuellen Regulierungsdatenbank oder um das Management von EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland, garantiert den Erzeugern von erneuerbaren Energien deren feste Einspeisevergütungen, ähnlich der KEV in der Schweiz; Anm. d. Red.) und KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in Deutschland, regelt die Einspeisung und Vergütung des Stroms aus Anlagen zur Kraft-Wärme- Kopplung; Anm. d. Red.). Alles sehr anspruchsvolle, zeitintensive und auch kleinteilige Aufgaben, die es gilt, frist- und vor allem auch budgetgerecht umzusetzen. Vor dieser Herausforderung stand auch die Netzgesellschaft der Stadtwerke Duisburg, die ihre jeweiligen Aktivitäten nicht nur sinnvoll planen, sondern auch systemgestützt abarbeiten wollte.

Nicht immer durchgängig aufschlussreiche Zahlen

 

Der Wunsch war es, zu jedem Zeitpunkt genau zu wissen, wo man mit jeder einzelnen, aber auch verdichtet mit allen Massnahmen steht, welche Budgets welcher Massnahme zugeordnet waren und ob alle Projekte wie kalkuliert nach Plan liefen. Wenn es um den reinen Budgetabgleich geht, arbeiten heute bereits viele Unternehmen mit ihren SAP-Lösungen und werten auf diesem Wege ihre Zahlen aus. Für die Euro-Zahlen werden dabei sicherlich sehr genaue Ergebnisse erzielt, aber Vorsicht: Die ausgewiesenen Zahlen sind nicht automatisch durchgängig aufschlussreich. Denn wenn man über ein Jahr verteilt 100 Massnahmen geplant hat, dafür 50 Mio. Euro budgetiert und zur Jahresmitte 25 Mio. ausgegeben wurden, dann könnte man meinen, man sei im Plan. Letztendlich aber hat der reine Budgetwert von 25 Mio. Euro keinerlei Aussagekraft, denn viel interessanter hinsichtlich der geplanten Massnahmen sind Zeit- und Ressourcenfaktoren. So könnte es sein, dass man bei einigen Projekten weit über Plan ist – auch, was das Budget angeht – dass dafür aber andere Massnahmen entgegen der ursprünglichen Planung noch gar nicht begonnen wurden. Und das könnte den Masterplan ganz schön durcheinanderbringen.

Kaufmännische und regulatorische Aspekte in gleicher Gewichtung

 

Michael Springer, Prokurist und Senior Sales Manager des BI-Anbieters prevero: «Hier geht es ganz konkret darum, alle erforderlichen Zahlen – also die technischen und die kaufmännischen Inhalte – in einem einzigen System vorzuhalten, genau das ist der Knackpunkt. Das System muss so gestaltet sein, dass sowohl der Meister, der technische Arbeiten an der Trafostation verrichtet, als auch der Projektmitarbeiter, der für den Materialeinkauf zuständig ist, mühelos darauf Zugriff haben. Und natürlich bringt das auch ein Umdenken mit sich, denn den Meister, der die Kabel verlegt, haben die monetären Auswirkungen seines Schaffens bisher nicht interessiert, es war auch gar nicht gefragt. » Um genau diese Brücke zu schlagen, führen viele Unternehmen eine Art technisches Controlling ein. Dies sei vielfach ein Mitarbeiter mit einem technischen Background, der auch die kaufmännischen Aspekte der jeweiligen Massnahmen durchleuchte und berücksichtige. Springer: «Es muss klargemacht werden, welche Auswirkung die Verschiebung einer Massnahme beispielsweise von Mai in den August in kaufmännischer, regulatorischer oder auch personeller Hinsicht hat. Regulatorisch kann ich gegen Gesetzesvorlagen verstossen, kaufmännisch könnte das Verschieben Auswirkungen auf den Cashflow haben, und was die Mitarbeiter betrifft, so könnten die im August längst in anderen Projekten verplant und daher gar nicht mehr verfügbar sein, und der dann erforderliche Zukauf von Fremdpersonal hätte wiederum Auswirkungen auf den Kostenplan und das Gesamtbud-get.» Der kaufmännische Denkansatz sei für die technischen Mitarbeiter am Anfang sicher ungewohnt, aber: «Es wird schnell klar, dass die Arbeit mit nur einem System das Leben aller Beteiligten deutlich einfacher gestaltet. Wenn sie die kaufmännischen Zahlen im SAP-System vorhalten würden, müssten sie sich diese Zahlen für jeden einzelnen Monatsbericht aus dem System rausziehen, zusammenführen und dann in Excel-Listen übertragen. Das prevero-System hingegen bietet beispielsweise vorgefertigte Logiken, sodass Arbeit und Aufwand für die Fachbereiche weniger werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade die Techniker dies sehr schätzen, schliesslich ist es nicht ihr Job, irgendwelche Forecast- Modelle aufzubauen oder Excel- Berechnungen hin- und herzuschieben. »

Vergebliche Bemühungen mit dem SAP-System

 

Dazu Dr. Jens Kiefel, Prokurist und Abteilungsleiter Grundsatzfragen und Controlling bei der Stadtwerke Duisburg Netzgesellschaft mbH: «Ich möchte es gar nicht verhehlen, dass auch wir zunächst versucht haben, unser Investitions- und Massnahmencontrolling mit SAP-Bordmitteln zu gestalten. Wir setzen SAP im Unternehmen ohnehin in vielen Bereichen ein, das funktioniert auf operativer Ebene auch sehr gut und verlässlich. Aber nachdem wir mit wenig Erfolg viel Zeit und viel Geld investiert hatten, wurde schnell klar, dass wir hier ein anderes System benötigen. Und da wir prevero sowieso bereits für das Konzerncontrolling und für regulatorische Aufgaben nutzen, haben wir uns zeigen lassen, wie man hier an diese Thematik herangeht. Wir haben uns entschieden und arbeiten heute mit einer sehr flexiblen Softwareplattform, die auch von unseren Meistern und vom Fachbereich ohne Programmierkenntnisse administriert werden kann. Gerade nach der Erfahrung mit den vorherigen SAP-Versuchen war uns dies sehr wichtig», so Kiefel weiter.

Kompromisslose Datentransparenz

 

Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Genauigkeit und die Geschwindigkeit, mit der das prevero-System arbeitet, und die extrem schnelle Verfügbarkeit aller Ist-Daten. Es werden technologisch sehr ausgefeilte ETLKomponenten (Extract, Transform, Load) benutzt, um operative Systeme anzubinden und die Daten so umzuwandeln, wie sie für die Bereitstellung im System benötigt werden. Es gibt zertifizierte und standardisierte Schnittstellen zu gängigen ERPSystemen, die es innerhalb sehr kurzer Zeit ermöglichen, hoch automatisierte Datenanbindungen zu schaffen. Der User kann sich dann near time – beispielsweise jede Stunde – die jeweils aktuell gebuchten Daten anschauen, bis hinunter auf die Ebene des Verursachers. So muss beispielsweise der Meister nicht nur sehen können, dass eine Summe X auf eine bestimmte Kostenstelle gebucht ist, er muss auch sehen, aus welchen Teilbeträgen sich diese Summe zusammensetzt, um abschätzen zu können, mit welchen weiteren Buchungen er an dieser Stelle noch zu rechnen hat. Oder er sieht in einem Bericht seinen Plan-Wert, vergleicht ihn mit dem Ist-Wert, schaut sich die Differenz an und kann im System auf jeden einzelnen Beleg zugreifen. Springer: «Dieses Beispiel erläutert sehr schön, wie wichtig Transparenz ist, das ist die Hauptvoraussetzung gerade auch für die Geschäftsleitung, um Entscheidungen treffen zu können. Das gilt sicher für alle Bereiche und alle Branchen, aber bei den Netzgesellschaften ist es umso wichtiger, weil das Geschäft rein durch die Massnahmen getrieben wird, und da sind schnelle Reaktionszeiten unerlässlich.»

 

Kiefel kann dies nur unterstreichen: «Es ist unabdingbar, schon bei der Planung, also bei der Verteilung der Mittel, durch eine gros se Transparenz führend zu sein und im Anschluss in der Abarbeitung der genehmigten Mittel ständig zu wissen, wo man steht. Das gilt nicht nur finanziell, sondern auch bezüglich Mengen und Ressourcen. Unsere Aufgabe ist es, stets einen sicheren Status vorzuhalten. Da wir als Netzbetreiber in erster Linie technische Massnahmen durchführen, die die Versorgungssicherheit gewährleisten, müssen diese zu jedem Zeitpunkt im Unternehmen transparent sein, um etwaige Schieflagen frühzeitig zu erkennen und entsprechend schnell reagieren zu können.»

Mehr Zeit für Inhalte

 

Springer ergänzt: «Die gute Nachricht ist, dass man die Zeit, die man vorher mit dem Abgleich nie übereinstimmender Excel-Listen und mit der wiederholten Aufbereitung von Daten verloren hat, nun sinnvoll nutzen kann. Zum einen kann man sich auf die Zahlen aus dem System verlassen und gerät nicht ins Schwitzen, wenn der Chef kurz mal nach einem Forecast für die Sparte Strom über alle Investitions- und Instandhaltungsprojekte hinweg fragt, und zum anderen wird das System für die Geschäftsleitung zum aktiven Steuerungsinstrument. » So könne man beispielsweise geplante Massnahmen sowohl regulatorisch als auch kaufmännisch durchrechnen lassen. Mit «Was-wäre-wenn»-Szenarien sehe man, was passiert, wenn man eine bestimmte Massnahme vorziehe, oder ob sich Vorteile ergeben, wenn man bestimmte Parameter verschiebe. Springer weiter: «Und genau dann beginnt der Dialog mit der Technik, und genau das ist neben der Systemeinheitlichkeit auch der Hauptnutzen: dass Techniker und Kaufleute ein deutlich besseres Verständnis füreinander bekommen, weil sie miteinander sprechen. Unsere Kunden finden es gut, dass sie endlich mehr Zeit für Inhalte haben. »