Basis der Optimierung

Den Aufbau eines Prozessmanagements betrachten viele Unternehmen als Pflichtübung. Sollen operative Leistungsfähigkeit und Erfolg jedoch signifikant gesteigert werden, stellt ein funktionierendes Prozessmanagement eine wesentliche Voraussetzung dar. Gefragt ist dabei nicht mehr und nicht weniger als solides Handwerk.

Basis der Optimierung

 

 

 

Prozessmanagement umfasst die Gestaltung, Lenkung und Überwachung von Abläufen in einer Organisation, damit diese ihre Ziele erreichen kann. Somit ist Prozessmanagement ein wichtiges Führungsinstrument.

«Gutes» Prozessmanagement

 

Das Prozessmanagement verdient diesen Titel erst dann, wenn nachfolgende Anforderungen erfüllt sind:

Wiederholbarkeit

 

Es werden nur Prozesse geregelt bzw. beschrieben, welche regelmässig ablaufen und standardisierte Resultate liefern müssen. Beim Prozess «Medikament X herstellen» ist der Grund für die Beschreibungswürdigkeit leicht nachvollziehbar, jedoch gilt die Anforderung zum Beispiel auch für den Prozess «Innovationen entwickeln». Auf Steuerungsebene muss definiert sein, wie Ideen generiert werden, wer für Innovationsaufträge verantwortlich ist und wie die Entscheidungsabläufe organisiert sind.

Resultatorientierung

 

Für alle beschriebenen Prozesse ist klar, welches Resultat bzw. welcher Output damit erzielt werden soll. So soll dank dem gelebten Prozess «Neukunden akquirieren» eine definierte Rate an Neukunden gewonnen werden.

Kundenorientierung

 

Die Resultate aller Prozesse sind konsequent auf den jeweiligen externen/internen Kunden und seine konkreten Bedürfnisse ausgerichtet. So muss der Prozess «Störung beheben» derart ausgestaltet sein, dass die Störung in der durch einen kundengerechten ServiceLevel zugesicherten Zeit behoben wird und der Kunde sein Kerngeschäft weiterführen kann.

End-to-End-Gestaltung

 

Jeder Kernleistungsprozess ist immer Teil einer Wertkette und muss mit Blick aufs Ganze definiert werden. So umfasst der End-to-EndProzess «Herstellung von Türsystemen» bei einem Türsystem-Fertiger u.a. Teilprozesse wie Komponentenfertigung, Drittbeschaffung, Qualitätsprüfung, Spedition und Montage. Erst wenn die Teilprozesse der gesamten Supply Chain perfekt aufeinander abgestimmt sind, kann dem Kunden das bestellte Türsystem zur vereinbarten Zeit und Qualität geliefert werden.

Kontrollierbarkeit/Messbarkeit

 

Der Ablauf eines gut definierten Prozesses ist kontrollierbar und seine Leistungsfähigkeit ist messbar. Für den Prozess «Fakturierung und Mahnungen durchführen» wird eine Häufigkeit von «mindestens monatlich» festgelegt. Die Debitorenzahlungsfrist macht eine Aussage über die Leistungsfähigkeit dieses Prozesses.

Verantwortlichkeit

 

Für jeden Prozess und dessen Resultate ist eine verantwortliche Stelle bzw. Person definiert. Der Prozess «Personentransporte durchführen» besteht aus verschiedensten Teilprozessen und diese wiederum aus einer grossen Zahl von Prozessschritten. Obwohl für jeden Teilprozess und jeden Prozessschritt Verantwortliche definiert sind, verbleibt die Gesamtverantwortung beim Leiter Personentransporte.

(Aus-)Führung

 

Alle Prozesse werden konsequent wie beschrieben umgesetzt. Die vorgängig genannten Anforderungen sind zwar wichtige Bausteine, von echtem Prozessmanagement kann jedoch nur bei der konsequenten Umsetzung der Prozesse gesprochen werden. Neben operativer Abwicklungserfahrung bei der Umsetzung von Prozessen wird hier vor allem eine führungserfahrene und entschlossene Linie benötigt.

Optimierung auf stabiler Basis

 

Praktisch jedes Unternehmen unterliegt heute einem permanenten Veränderungsdruck. Deshalb werden regelmässig Prozessoptimierungen durchgeführt, mit denen Verbesserungen bezüglich Zeit,

 

Kosten und/oder Qualität angestrebt werden. Diese Verbesserungen lassen sich jedoch nur dann effizient realisieren, wenn sie ausgehend von einer stabilen Basis vorgenommen werden können. Ist ein Prozess noch nicht definiert, kann eine Optimierung kaum zielgerichtet durchgeführt werden und endet häufig als Misserfolg.

 

In der Praxis kann die Prozessreife in einer Organisation in der Regel einem von drei Reifegraden zugeordnet werden (vgl. Grafik 1). Das Erreichen der ersten Entwicklungsphase «stabile Basis» kann an folgenden Merkmalen erkannt werden

 

  • Wohlüberlegte Prozessarchitektur inklusive Prozesslandkarte ist vorhanden.
  • Beschriebene Teilprozesse sind konsequent aus der Prozesslandkarte abgeleitet.
  • Beschriebene Prozesse sind einfach ausgestaltet und klar standardisiert.
  • Beschriebene Prozesse werden durchgängig gelebt.
  • Messgrössen für alle beschriebenen Prozesse sind festgelegt. Somit liegt der Fokus in dieser Phase auf der Effektivität («die richtigen Dinge tun»).

Wie eine stabile Basis erreicht werden kann

 

Aus einer Vielzahl von Prozessprojekten in Organisationen unterschiedlichster Grösse und Ausrichtung fassen wir wichtige Anregungen zur Sicherstellung der stabilen Basis wie folgt zusammen:

Klare Kriterien für Beschreibung Häufig werden zu viele Prozesse beschrieben. Prozesse müssen geschult, eingehalten, überwacht und weiterentwickelt werden. Will man dies wirkungsvoll tun, ist ein beträchtlicher Ressourceneinsatz erforderlich. Eine zu breite Auswahl von Prozessen verzettelt Ressourcen und schränkt den Handlungsspielraum häufig unnötigerweise ein. Erst nachdem die Kriterien zur Beschreibungswürdigkeit festgelegt und selektierend angewendet wurden, sollte mit der Beschreibung von Prozessen gestartet werden (vgl. Grafik 2).

Prozesslandkarte als Wertkette definieren und Teilprozesse verknüpfen

 

Prozessmanagement dient der Wertschöpfungssteuerung in einem Unternehmen. Dabei gibt es Kernprozesse (primäre Aktivitäten), die in einer logischen Folge der Leistungserstellung hin zum Kunden verlaufen. Zusätzlich werden sekundäre Aktivitäten benötigt, welche die Kernprozesse unterstützen; dazu gehören sämtliche Führungs- und Supportprozesse. Die Darstellung einer übersichtlichen Wertschöpfungs- oder Prozesslandkarte vermittelt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Blick auf das, worum es im Kern geht: End-to-End-Wertschöpfung.

Einheitliche Notation und ‹Flughöhe› zur Dokumentation der Prozesse festlegen

 

Gerade in grösseren Unternehmen mit verschiedenen Organisationseinheiten und Standorten werden die Prozesse nach unterschiedlichen Notationen (Beispiel: Business Process Model and Notation, Ereignisgesteuerte ProzessKette, HPO-Diagramme) und/ oder auf unterschiedlichen «Flughöhen» (Beispiel: nur auf Stufe «Prozessmodell» oder nur auf Stufe «Detailprozess») beschrieben. Dies kann eine Um- und Durchsetzung der Prozesse unnötig erschweren. Von oberster Leitung sind deshalb Notation und «Flughöhe» unternehmensweit einheitlich festzulegen.

Visualisierung/Dokumentation der Prozesse von Experten begleiten lassen

 

Prozesse einheitlich sowie auf einfache und verständliche Weise zu visualisieren, erfordert eine beträchtliche Erfahrung. Prozessverantwortliche aus der Linie sind häufig zeitlich oder inhaltlich überfordert, da diese Tätigkeit nicht zu ihren Kernaufgaben gehört und auch nicht regelmässig ausgeführt wird. Interne oder externe Fachleute müssen hier unterstützend zur Verfügung stehen.

Prozessstandards festlegen und Soll-Prozesse gestalten

 

Gutes Prozessmanagement soll eine stabile organisatorische Basis sicherstellen und damit die Voraussetzung für trittsicheres Vorgehen bei Optimierungen schaffen. Es ist deshalb ratsam, von Beginn weg einen Soll-Zustand der Prozesse als Standard zu beschreiben. Hierbei kann man sich auf eine interne «Gute Praxis» abstützen, die von allen Mitarbeitenden eingehalten werden soll. Auf dieser Grundlage lassen sich notwendige Veränderungen in Richtung Optimierung besser in Gang setzen.

Prozessaufträge erteilen und einfordern

 

Prozessleistung dProzessleistung dFür Schlüsselprozesse empfiehlt es sich, einen schriftlichen Auftrag in Form eines Prozess-Steckbriefes zu formulieren und die-sen gemeinsam mit dem jeweiligen Prozessverantwortlichen zu unterzeichnen. Die wichtigsten Themen (unter anderem Ergebnisse/ Nutzen, Messgrössen/Beurteilungskriterien, Kosten-/Komplexitätstreiber, erfolgskritische Nahtstellen, künftige Schlüsselthemen) sind darin einfach und klar zu formulieren. Dies schafft Verbindlichkeit und stellt gleichzeitig eine gute Basis zur Vereinbarung von Jahreszielen dar.

Prozessleistung definieren und messen

 

Bei Einführung neuer oder Änderung bestehender Prozesse werden häufig nur zu Beginn deren Effektivität und Effizienz gemessen. Gerade bei eingeschliffenen Prozessen ist jedoch die Gefahr gross, dass die Leistungsfähigkeit abnimmt, da Standards aufgeweicht werden oder sich die Anforderungen zwischenzeitlich verändert haben. Ohne klar festgelegte Prozessziele und daraus abgeleitete Messgrössen kann nicht erwartet werden, dass dokumentierte Prozesse gelebt und kontinuierlich optimiert werden. Deshalb ist für jeden Prozess festzulegen, in welcher Häufigkeit und von wem seine Leistung gemessen wird. Bei Unter-/Überschreitung von Grenzwerten ist die Führung darüber in Kenntnis zu setzen und notwendige Korrekturmassnahmen sind festzulegen (vgl. Grafik 3).

Attraktives Prozess-Tool bereitstellen

 

Prozesse werden dann gelebt, wenn die Prozessbeteiligten jederzeit und einfach auf die für ihre alltägliche Arbeit relevante Prozessdokumentation zugreifen können. Je anwenderfreundlicher Anschlussdokumente wie Checklisten, Arbeitsvorlagen, Formulare, Arbeitsanweisungen etc. miteinander verknüpft sind, desto eher wird regelmässig auf diese zugegriffen. Ebenso sollten Prozessdokumentationen von Prozessverantwortlichen auf intuitive Weise aktualisiert werden können, auch wenn sie diese Arbeiten nicht tagtäglich ausführen.

Prozessbeteiligte regelmässig schulen

 

Insbesondere von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern darf nicht erwartet werden, dass sich diese selbstständig die notwendigen Prozesskenntnisse aneignen. Auch beim Stammpersonal sollte dies nicht als gegeben vorausgesetzt werden. Es ist eine wesentliche Aufgabe der Prozessverantwortlichen, die Prozessbeteiligten regelmässig aktiv zu schulen. Schwerpunkte sind dabei Verantwortlichkeiten, zu verwendende Hilfsmittel sowie angestrebte Prozessresultate.

Ausblick

 

Wenn ein Unternehmen die stabile Basis seiner Organisation mit professionellem Prozessmanagement sichergestellt hat, sind wichtige Voraussetzungen für eine Optimierung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfüllt. Dann können Sie vom Fokus «Effektivität» zum Fokus «Effizienz» («die Dinge richtig tun») wechseln und wichtige Punkte für Ihre Wettbewerbsfähigkeit sammeln.

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